Kiew. Nach Unterzeichnung der Einigung zwischen Präsident und Opposition hat das ukrainische Parlament beschlossen, zur Verfassung von 2004 zurückzukehren. Damit wird die Macht des Präsidenten eingeschränkt. Das Parlament ebnete zudem den Weg für die Freilassung von Ex-Oppositionschefin Timoschenko.
Die Entwicklungen in der Ukraine geben Hoffnung auf eine Lösung des Konflikts. Präsident Janukowitsch und die Opposition haben am Freitag eine Vereinbarung unterzeichnet (hier geht es zum Wortlaut), die zu einer friedlichen Beilegung der Krise führen soll. Vorgesehen sind unter anderem vorgezogene Neuwahlen und eine stärkere Rolle der Regierung. Auch ebnete das Parlament den Weg für die Freilassung von Ex-Oppositionsführerin Julia Timoschenko. An deren Inhaftierung gibt es seit Jahren Kritik.
Bereits kurz nach der Unterschrift schränkte das Parlament die Macht Janukowitschs ein, indem es die Rückkehr zur Verfassung von 2004 beschloss. Innenminister Sachartschenko wurde entlassen - wegen der Gewaltanwendung gegen die Demonstranten. Einflussreiche Radikale kündigten trotz aller diplomatischer Mühen und Lobes für die Vereinbarung aus dem Ausland an, weiter zu kämpfen.
Die Ereignisse des Tages bis zum Abend in der Chronik:
18.25 Uhr: Die USA haben die Einigung über einen Ausweg aus der ukrainischen Krise begrüßt und Kiew für die nächsten Schritte ihre Hilfe angeboten. Washington lobte die "mutigen Führer der Opposition", die die Notwendigkeit eines Kompromisses erkannt hätten. Das teilte ein Sprecher des Weißen Hauses mit. Nun müssten die vereinbarten Maßnahmen umgesetzt und die für die Gewalt Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die USA seien weiterhin bereit, notfalls neue Sanktionen zu beschließen.
Der polnische Staatspräsident Bronislaw Komorowski hat die Vereinbarungen der Konfliktparteien in der Ukraine als wichtigen Schritt aus der Krise gewertet. Jetzt sei auch die Opposition in Kiew gefragt, die genügend Vertrauen in die Regierung haben müsse, sagte Komorowski vor Journalisten in Warschau. Die Verständigung auf Neuwahlen sei ein "erster, nicht einfacher, aber wichtiger und mutiger Schritt".
Nach Angaben von Regierungschef Donald Tusk ist Polen im Falle einer neuerlichen Eskalation der Gewalt auf die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine vorbereitet. "Die Vorbereitungen auf den Ernstfall dauern seit einiger Zeit an", sagte er im südostpolnischen Rzeszow. Bisher seien in Polen aber nur ein paar Dutzend Flüchtlinge aus dem Nachbarland eingetroffen.
17.50 Uhr: Das ukrainische Parlament hat die Weichen für eine Freilassung der seit knapp zweieinhalb Jahren inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko gestellt. Die Oberste Rada in Kiew stimmte am Freitag mit großer Mehrheit für ein Gesetz, das die Vorwürfe gegen die Ex-Regierungschefin nicht mehr als Straftaten wertet.
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Das Fernsehen übertrug die Entscheidung live. Präsident Viktor Janukowitsch muss das Gesetz noch unterzeichnen, damit es in Kraft tritt.
Die Politikerin sitzt seit August 2011 in Haft. Sie war im Oktober 2011 in einem international umstrittenen Prozess wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Die Anführerin der demokratischen Orangenen Revolution von 2004 weist die Vorwürfe bis heute als politisch motiviert zurück. Ihr Erzfeind Janukowitsch wolle sie politisch ausschalten. Timoschenko hatte bei der Präsidentenwahl im Februar 2010 die Stichwahl gegen Janukowitsch verloren.
Die 53-Jährige wird seit etwa anderthalb Jahren in einem Krankenhaus in der Stadt Charkow unter anderem wegen der Folgen eines Rückenleidens auch von deutschen Ärzten behandelt
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17.26 Uhr: Das ukrainische Parlament hat für die Absetzung des umstrittenen Innenministers Witali Sachartschenko gestimmt. Die Opposition macht den 51-Jährigen für brutale Einsätze der Polizei gegen friedliche Demonstranten in Kiew verantwortlich. Dazu zählt auch der Einsatz von Schusswaffen gegen Regierungsgegner in den vergangenen Tagen. Sachartschenko war im November 2011 ernannt worden. Seit dem Rücktritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow Ende Januar war er - wie das gesamte Kabinett - nur noch geschäftsführend im Amt. In Kiew verbreiteten sich Gerüchte, dass der Politiker ins benachbarte Weißrussland geflohen sei.
17.16 Uhr: Nach der Unterzeichnung eines Abkommens über eine Lösung der ukrainischen Staatskrise haben die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens "den Mut und den Einsatz" der Konfliktparteien gelobt. Die Minister riefen in einer am Freitag verbreiteten Erklärung zudem zu einem sofortigen Ende der Gewalt und jeglicher Konfrontation auf.
Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski hatten im Machtkampf zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und der Opposition einen Kompromiss vermittelt. Am Abend stimmte das Parlament ohne Gegenstimme für eine Rückkehr zur Verfassung von 2004 - und damit für eine Beschneidung der Vollmachten des Präsidenten.
16.20 Uhr: Kurz nach Unterzeichnung des Interimsabkommens zur politischen Zukunft der Ukraine hat das Parlament in Kiew die Rückkehr zur Verfassung von 2004 beschlossen. Bei der Abstimmung votierten 386 Abgeordnete in der 450 Sitze zählenden Rada für die Rückkehr zur alten Verfassung. Der in dem Abkommen vorgesehene Schritt begrenzt die Macht von Präsident Viktor Janukowitsch und soll die weiteren Etappen des Übergangs einleiten.
Binnen zehn Tagen soll nun eine Übergangsregierung der nationalen Einheit eingesetzt werden, bis Ende des Jahres soll ein neuer Präsident gewählt werden.
Auf die Vereinbarung hatten sich Janukowitsch und die Opposition geeinigt, nachdem bei gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und Bereitschaftspolizei seit Dienstag 77 Menschen getötet worden waren. Seit Donnerstag hatten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und seine Kollegen aus Polen und Frankreich in Kiew vermittelt. Steinmeier sagte im Anschluss, das Abkommen sei "vielleicht die letzte Chance, einen Ausweg aus der Gewalt zu finden".
Ukrainier in Deutschland sehen Einigung sekptisch
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Trotz der vorläufigen Vereinbarung zur Lösung der Krise in der Ukraine bleibt der Dachverband der ukrainischen Organisationen in Deutschland skeptisch. Die Verantwortlichen für die blutigen Auseinandersetzungen in seiner Heimat müssten vor Gericht kommen, forderte der Vorsitzende Roman Rokytskyy am Freitag in Bad Homburg. Neuwahlen alleine reichten nicht. "Man darf diese Leute nicht weiterregieren lassen", sagte der 37-Jährige. Die Annäherung zwischen Regierung und Opposition bewertete er vorsichtig positiv. "Die Gewalt ist jedoch endlich zu Ende", sagte er. In den Köpfen habe eine "große Wende" stattgefunden.
Einflussreiche Radikale wollen "nationale Revolution" fortsetzen
15.30 Uhr: Trotz der vorläufigen Einigung über einen Ausweg aus der ukrainischen Krise will eine wichtige Radikalenbewegung die "nationale Revolution" fortsetzen. "Diese Mitteilung beinhaltet kein klares Bekenntnis zu einem Rücktritt des Pseudo-Präsidenten", teilte die Gruppierung Rechter Sektor am Freitag mit Verweis auf Staatschef Viktor Janukowitsch mit. Es handele sich um Betrug. Ziel sei daher die komplette Beseitigung des "Regimes der inneren Besatzung", hieß es. Ein dpa-Reporter berichtete hingegen von gelöster Stimmung auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz in Kiew, nachdem die Einigung bekanntgegeben worden war.
Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat das Abkommen zwischen Regierung und Opposition in der Ukraine vorsichtig optimistisch bewertet. "Das war vielleicht die letzte Chance, um einen Ausweg aus der Spirale der Gewalt zu finden. Nicht alle Probleme sind gelöst", sagte Steinmeier am Freitag nach Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen Präsident Viktor Janukowitsch und den Oppositionsführern. Trotzdem gebe es Grund, "zuversichtlich nach vorne zu schauen". Der Weg in eine politische Lösung der Krise sei nun möglich. Laut Steinmeier sieht die Vereinbarung vor, dass auch die Verfassung von 2004 vorläufig wieder in Kraft gesetzt wird.
Auch EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat das in der Ukraine unterzeichnete Abkommen zwischen Regierung und Opposition begrüßt und die Konfliktparteien zur Umsetzung der Abmachung aufgerufen. "Das Abkommen ist ein notwendiger Kompromiss, um einen unabdingbaren politischen Dialog zu starten", erklärte Van Rompuy am Freitag in Brüssel. "Es ist nun die Verantwortung aller Seiten, mutig zu sein und Worte zu Taten werden zu lassen, um der Zukunft der Ukraine willen."
Ein Dialog sei "der einzige demokratische und friedliche Weg aus der Krise, die schon zu viel Leiden und Blutvergießen auf allen Seiten verursacht hat", mahnte der EU-Ratspräsident Regierung und Opposition in der Ukraine zu einer dauerhaften Annäherung. Die EU sei bereit, die Ukraine zu unterstützen.
Ukraine soll "Kabinett des nationalen Vertrauens" bekommen
15.02 Uhr: Durchbruch in Kiew, vermeldet die Nachrichtenagentur dpa nun endgültig: Nach zermürbenden Verhandlungen haben Präsident Viktor Janukowitsch und die Oppositionsführer eine vorläufige Vereinbarung zur Lösung der Krise in der Ukraine unterzeichnet, so die dpa. Der auch von der Bundesregierung mit ausgehandelte Plan sieht vorgezogene Präsidentenwahlen, starke verfassungsrechtliche Vollmachten für die Regierung sowie ein Übergangskabinett vor.
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Zuvor hatten Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski als Vermittler die Zustimmung des sogenannten Maidan-Rates eingeholt. Dem Gremium gehören verschiedene Gruppen von Regierungsgegnern an, die seit Wochen im Kiewer Stadtzentrum demonstrieren, darunter auch Radikale und Gewaltbereite. Diese hatten bisher Janukowitschs sofortigen Rücktritt gefordert.
Vorgesehen seien ein "Kabinett des nationalen Vertrauens" innerhalb von zehn Tagen, eine Rückkehr zu einer parlamentarischen Demokratie sowie eine baldige Abstimmung über den Staatschef, hatte Janukowitsch einer Mitteilung zufolge am Vormittag gesagt. Fristen nannte er nicht. Eine EU-Delegation um Steinmeier sowie der russischen Vermittler Wladimir Lukin hatten die ganze Nacht hindurch in Kiew mit Janukowitsch und Oppositionsführern verhandelt. Lukin unterzeichnete die Vereinbarung allerdings nicht - im Gegensatz zu Steinmeier und Sikorski.
14.45 Uhr: Die ukrainische Regierung und Oppositionsführer haben in Kiew eine vorläufige Vereinbarung zur Lösung der innenpolitischen Krise unterzeichnet. Das berichtete ein Reporter der Nachrichtenagentur.
Ukraine-Krise - Slowakei will Flüchtlinge aufnehmen
14.40 Uhr: "Die Slowakei ist bereit, im Bedarfsfall sofort mehrere hundert Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen." Das sagte Regierungschef Robert Fico am Freitag nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates. Die Zahl könne innerhalb von Tagen auch auf Zehntausende erhöht werden, ergänzte Innenminister Robert Kalinak.
Allerdings ist bisher keine Flüchtlingsbewegung aus der Ukraine in die Slowakei feststellbar. Auch die Zahl der Visa-Anträge sei nicht gestiegen, teilten Fico und Kalinak mit. Die Slowakei wolle dem Nachbarland auch die medizinische Versorgung von Verletzten anbieten.
14.38 Uhr: Der polnische Regierungschef Donald Tusk sieht angesichts der Bereitschaft zu vorgezogenen Wahlen in der Ukraine einen "Moment des Durchbruchs". Gleichzeitig warnte Tusk am Freitag vor Journalisten in Warschau vor allzu großem Optimismus. "Der Weg zu einer Verständigung ist noch sehr weit", warnte er.
Das schlimmstmögliche Szenario für die Ukraine sei noch nicht abgewendet. Die mangelnde Glaubwürdigkeit des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch überschatte alle Verhandlungen, an denen er beteiligt sei, sagte Tusk. Die Bekanntgabe von Sanktionen habe jedoch eine "ernüchternden Eindruck" auf die Führung in Kiew gemacht.
14.33 Uhr: Das Auswärtige Amt in Berlin hat die Einigung zwischen Regierung, Opposition und radikalen Regierungsgegnern in der Ukraine bestätigt. Nach einem Gespräch mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und seinem polnischen Kollegen Radoslaw Sikorski hätten die Vertreter der oppositionellen Maidan-Bewegung der Vereinbarung zugestimmt, erklärte das Auswärtige Amt am Freitagmittag über Twitter.
Offenbar herrscht Einigkeit zwischen Opposition und Regierung
14.11 Uhr: Die ukrainische Opposition und radikale Regierungsgegner sind sich mit der Regierung über eine Lösung der Krise im Land einig. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa am Freitag in Kiew aus EU-Delegationskreisen. Zuvor hatten sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski mit Vertretern des sogenannten Maidan-Rates getroffen. Dem Gremium gehören verschiedene Gruppen der Regierungsgegner an, die seit Wochen im Kiewer Stadtzentrum demonstrieren, darunter auch Radikale und Gewaltbereite.
Am Vormittag hatte der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch vorgezogene Präsidentenwahlen, eine Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie sowie eine Übergangsregierung angekündigt. Diese Eckpunkte einer Vereinbarung hatten EU-Delegationskreise der Nachrichtenagentur dpa bestätigt. Eine Unterzeichnung dieses Aktionsplans stand weiter aus.
Vorgesehen seien ein neues "Kabinett des nationalen Vertrauens" innerhalb von zehn Tagen, eine Rückkehr zu einer parlamentarischen Demokratie sowie eine baldige Abstimmung über den Staatschef, hatte Janukowitsch mitteilen lassen. Fristen wurden nicht genannt. Eine EU-Delegation um Steinmeier sowie der russischen Vermittler Wladimir Lukin hatten die ganze Nacht hindurch in Kiew mit Janukowitsch und Oppositionsführern verhandelt.
Die außerparlamentarische und zum Teil radikale Opposition auf dem Maidan forderte bislang Janukowitschs sofortigen Rücktritt.
13.41 Uhr: Eine Einigung zwischen der ukrainischen Regierung und ihren Gegnern über eine Beilegung der Krise steht auf der Kippe. Die geplante Unterzeichnung einer von der EU mit ausgehandelten Vereinbarung platzte am Freitag in letzter Sekunde.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski wollten daraufhin mit Vertretern der zum Teil gewaltbereiten außerparlamentarischen Maidan-Bewegung sprechen, wie Sikorski und das Auswärtige Amt in Berlin per Twitter mitteilten. Wie die Agentur Interfax meldete, verweigerte der russische Vermittler Wladimir Lukin seine Unterschrift. Er wolle bald nach Moskau zurückkehren, hieß es.
Zuvor hatte der ukrainische Staatschef Viktor Janukowitsch vorgezogene Präsidentenwahlen, eine Rückkehr zur parlamentarischen Demokratie sowie eine Übergangsregierung angekündigt. Diese Eckpunkte hatten EU-Delegationskreise zuvor der Nachrichtenagentur dpa bestätigt. Vorgesehen seien ein neues "Kabinett des nationalen Vertrauens" innerhalb von zehn Tagen, eine Rückkehr zu einer parlamentarischen Demokratie sowie eine baldige Abstimmung über den Staatschef, hatte Janukowitsch mitteilen lassen. Fristen wurden nicht genannt. Eine EU-Delegation um Steinmeier sowie Lukin hatten die ganze Nacht hindurch in Kiew mit Janukowitsch und Oppositionsführern verhandelt.
Regierungsgegner auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew, darunter auch Radikale, betonten, die von Janukowitsch angekündigten Beschlüsse seien keinesfalls ausreichend. Der Präsident müsse sofort zurücktreten und vor Gericht gestellt werden, forderten viele. Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften in der ukrainischen Hauptstadt waren in den vergangenen Tagen mindestens 77 Menschen getötet worden. Beide Seiten geben sich gegenseitig daran die Schuld.
Janukowitschs Mitteilung an die ukrainischen Bürger im Wortlaut
13.34 Uhr: Die Nachrichtenagentur dpa schickt eine Übersetzung von Janukowitschs Mitteilung an das Volk über den Ticker: "Sehr geehrte Mitbürger, in diesen tragischen Tagen, da die Ukraine schwere Verluste hinnehmen musste, da Menschen auf beiden Seiten der Barrikaden ums Leben kamen, halte ich es für meine Pflicht, der Toten zu gedenken und zu erklären, dass es nichts Wichtigeres gibt als das Leben des Menschen. (...) Ich kündige Schritte an, die getan werden müssen, um Ruhe wiederherzustellen und weitere Opfer der Konfrontation zu vermeiden. Ich leite vorgezogene Präsidentenwahlen ein. Ich leite auch die Rückkehr zur Verfassung von 2004 ein, nach der (Präsidenten-)Vollmachten zugunsten einer parlamentarischen Demokratie umverteilt werden. Ich rufe auf, mit der Bildung einer Regierung des nationalen Vertrauens zu beginnen. Als Präsident und Garant der Verfassung erfülle ich heute meine Pflicht gegenüber dem Volk, gegenüber der Ukraine und gegenüber Gott im Interesse der Erhaltung des Staates, im Interesse der Erhaltung von Menschenleben, im Interesse des Friedens und der Ruhe in unserem Land."
EU und NATO warnen das ukrainische Militär vor neuer Gewalt
13.22 Uhr: Die Europäische Union und die Nato haben das ukrainische Militär vor einem Eingreifen in den Konflikt zwischen Regierung und Opposition in Kiew gewarnt. "Das stand zwar nicht auf der Tagesordnung, aber einige Minister haben gesagt, dass die ukrainischen Streitkräfte nicht eingreifen dürfen", sagte der griechische Verteidigungsminister Dimitris Avramopoulos am Freitag in Athen nach einem Treffen der EU-Verteidigungsminister.
Auch Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte zuvor im Kreis der EU-Minister, das ukrainische Militär müsse neutral bleiben. Falls die Regierung die Armee gegen Demonstranten einsetze, hätte das "äußerst negative Auswirkungen" auf die Beziehungen zur Nato: "Das Militär eines Landes darf sich nicht gegen das Volk wenden." Er forderte beide Seiten auf, die Konfliktspirale zu beenden. Avramopoulos, turnusmäßiger EU-Ratsvorsitzender der Verteidigungsminister, sagte, die EU könne eine Rolle als "Garant" einer Einigung beider Seiten spielen.
13.21 Uhr: Außenminister Steinmeier und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski wollen sich zur Lösung der Krise in der Ukraine auch mit Vertretern der außerparlamentarischen, teils radikalen Maidan-Bewegung treffen. Er sei zusammen mit Steinmeier auf dem Weg, um mit Maidan-Aktivisten über das geplante Abkommen zur Lösung der Krise zu diskutieren, teilte Sikorski am Freitagmittag via Twitter mit. Die Vereinbarung wurde von einer EU-Delegation und einem russischen Vermittler mit Präsident Viktor Janukowitsch und Oppositionsführern ausgehandelt. Der Agentur Interfax zufolge weigert sich der russische Vermittler Wladimir Lukin inzwischen, das Abkommen zu unterzeichnen.
Kanzlerin Merkel schaltet sich ein
13.01 Uhr: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht nach den Verhandlungen der EU mit der ukrainischen Führung wieder Chancen, zu einer politischen Lösung des blutigen Konfliktes zu kommen. Merkel habe am Donnerstag mit US-Präsident Barack Obama, Russlands Staatschef Wladimir Putin und EU-Partnern beraten, wie dem Blutvergießen in Kiew Einhalt geboten werden könne, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin mit.
Zudem habe Merkel in einem Telefonat Präsident Viktor Janukowitsch bewegen können, die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen sowie einen russischen Vertreter als "Zeugen und Moderatoren" von Gesprächen mit der Opposition zu akzeptieren. Merkel sehe eine vorsichtige, letzte Chance, nun zu einem politischen Prozess zu kommen. Die Bundesregierung hoffe, dass nun alle Seiten die inzwischen vorliegenden Vereinbarungen unterzeichneten.
Viktor Janukowitsch stimmt vorgezogenen Präsidentenwahlen zu
13.00 Uhr: Der russische Ukraine-Vermittler Wladimir Lukin hat sich der Agentur Interfax zufolge geweigert, ein Abkommen zur Lösung der Krise in Kiew zu unterzeichnen. Das meldete die russische Agentur am Freitag unter Berufung auf informierte Kreise. Zuvor waren Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und sein polnischer Kollege Radoslaw Sikorski zu neuen Gesprächen mit Regierungsgegnern aufgebrochen. Es habe bislang doch noch keine Einigung auf ein ausgehandeltes vorläufiges Abkommen gegeben, hieß es in Kiew.
12.46 Uhr: Eine Vereinbarung zwischen dem ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch und der Opposition liegt nach den Worten des polnischen Regierungschefs Donald Tusk in weiter Ferne. Möglicherweise werde die Opposition dem vorliegenden Entwurf nicht zustimmen.
12.37 Uhr: Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier macht sich EU-Kreisen zufolge auf den Weg, um erneut mit der Opposition und Vertretern der Demonstranten zu sprechen.
12.10 Uhr: Polens Außenminister Radoslaw Sikorski sagt, die Ukraine sei an einem kritischen Punkt angelangt. "Alle Seiten müssen wissen, dass ein Kompromiss bedeutet, weniger als 100 Prozent zu bekommen."
Kanzlei von Janukowitsch meldet sich zu Wort
12.07 Uhr: Die offizielle Bestätigung ist da: Mit einer Übergangsregierung, einer neuen Verfassung und vorgezogenen Präsidentenwahlen wollen die Konfliktparteien in der Ukraine die schwere innenpolitische Krise lösen. Das kündigte die Kanzlei von Präsident Viktor Janukowitsch am Freitag in Kiew an. Zuvor hatten ranghohe EU-Delegationskrise der Nachrichtenagentur dpa die Inhalte eines vorläufigen Abkommens zwischen Führung und Opposition bestätigt.
Vorgesehen seien ein neues "Kabinett des nationalen Vertrauens" innerhalb von zehn Tagen, eine Rückkehr zu einer parlamentarischen Demokratie sowie eine baldige Abstimmung über den Staatschef, hieß es in Janukowitschs Mitteilung. Fristen nannte der Staatschef nicht. Eine EU-Delegation um Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und ein russischer Vermittler hatten zuvor stundenlang in Kiew mit Janukowitsch und Oppositionsführern verhandelt.
Regierungsgegner auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew betonten, die Beschlüsse seien keinesfalls ausreichend. Janukowitsch müsse sofort zurücktreten und vor Gericht gestellt werden, forderten viele. Bei schweren Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften in der ukrainischen Hauptstadt waren in den vergangenen Tagen mindestens 77 Menschen getötet worden. (dpa/rtr)
Schlägereien im Parlament, Gerüchte über Übergangsregierung und ein Statement von Angela Merkel
11.57 Uhr: Der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch hat Neuwahlen angekündigt. Außerdem werde das Land zur Verfassung von 2004 zurückkehren, die dem Präsidenten weniger Befugnisse als bisher zubilligt. Zudem werde er den Anstoß zur Bildung einer Regierung der nationalen Einheit geben.
11.38 Uhr: Regierungssprecher Steffen Seibert sagt, Bundeskanzlerin Angela Merkel sei von der Gewalt in Kiew erschüttert. "Szenen von Scharfschützen, die von Anhöhen und Dächern Schüsse auf Demonstranten abgeben, darf es in Europa nicht geben." Mit den Verhandlungen in Kiew gebe es eine "vorsichtige Chance, vielleicht eine letzte Chance zu einem politischen Prozess zu kommen, der möglicherweise einen Weg aus der Krise weisen könnte". Die Bundesregierung fordere Regierung und Opposition auf, die unter Vermittlung von drei EU-Außenministern ausgehandelte Vereinbarung zu unterschreiben.
11.26 Uhr: Die ukrainische Währung hat sich am Freitag etwas stabilisiert. Kreditausfallversicherungen verbilligten sich und in Dollar gehandelte Staatsanleihen zogen leicht an. Grund für die vorsichtige Erholung war Händlern zufolge die Aussicht auf eine Einigung zwischen Opposition und Regierung.
US-Ratingagentur stuft die Ukraine weiter herab
11.01 Uhr: Die US-Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) sieht die Ukraine wegen der massiven Unruhen auf dem Weg in Richtung Staatspleite. Die Experten senkten die Kreditwürdigkeit am Freitag zum zweiten Mal binnen drei Wochen - und zwar um eine Stufe auf "CCC". Staatsanleihen des Lande gelten damit als hoch spekulative Anlage. Ein Zahlungsausfall kann demnach nur bei einer günstigen Entwicklung verhindert werden. S&P behielt den negativen Ausblick bei. Damit droht eine nochmalige Herabstufung.
10.50 Uhr: Die Konfliktparteien in der Ukraine haben sich offenbar auf eine Übergangsregierung, eine Verfassungsänderung bis September sowie vorgezogene Präsidentenwahlen spätestens im Dezember geeinigt. Das erfuhr die Nachrichtenagentur dpa in Kiew am Freitag aus ranghohen EU-Delegationskreisen.
10.47 Uhr: Nach Worten eines hochrangigen EU-Diplomaten in Kiew sieht der Entwurf für eine Vereinbarung zwischen der ukrainischen Regierung und der Opposition eine Verfassungsreform bis September vor. Damit sollten die Befugnisse des Präsidenten beschnitten werden. Die Opposition habe noch Änderungsbedarf angemeldet. Gleichwohl werde noch für Freitag mit einer Unterzeichnung der Vereinbarung gerechnet, mit der die Spirale der Gewalt durchbrochen werden soll.
10.30 Uhr: Im Parlament in Kiew fliegen die Fäuste. Während einer Sitzungspause kommt es zu Schlagabtäuschen zwischen mehreren Abgeordneten. Die Debatte über eine Beschränkung der Macht von Präsident Viktor Janukowitsch verzögert sich.
10.14 Uhr: Die Polizei erwidert nach eigenen Angaben das Feuer auf Regierungsgegner zwischen dem Unabhängigkeitsplatz und dem Parlament.
Die vermeintliche Einigung, Mahnung zur Vorsicht und Schüsse auf Regierungsgegner
09.50 Uhr: Bei den Krisengesprächen ist laut dem polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk nur ein Entwurf für eine Übereinkunft erreicht worden, aber noch keine abschließende Einigung. Tusk, dessen Außenminister Radoslaw Sikorski an den EU-Vermittlungen zwischen Ukraines Präsident Viktor Janukowitsch und der Opposition beteiligt ist, mahnte zur Vorsicht. Die Krise sei noch nicht beendet, sagte er vor Journalisten in Warschau. Sollte eine Übereinkunft unterzeichnet werden, würde das Hoffnung machen, sagte Tusk. "Aber ich wäre vorsichtig zu sagen, dass das Ende des Konfliktes ist."
09.41 Uhr: Bewaffnete Polizisten betreten nach Angaben des Oppositionspolitikers Arseni Jazenjuk während der laufenden Sitzung das Parlamentsgebäude. Der Vizesprecher des Parlaments sagt, die Beamten seien wieder aus dem Gebäude geschickt worden.
09.37 Uhr: Nach Polizeiangaben schießen Regierungsgegner in der Nähe des Unabhängigkeitsplatzes in Kiew auf Polizisten.
09.32 Uhr: Bei den Gesprächen über eine Krisenlösung in der Ukraine haben sich alle Seiten nach Angaben der Regierungspartei auf vorgezogene Präsidentenwahlen geeinigt. Die Abstimmung solle im Dezember stattfinden statt erst im März 2015, sagte der Fraktionschef der Partei der Regionen Alexander Jefremow, der Agentur Interfax.
Entwurf für das Abkommen ist fertiggestellt
09.22 Uhr: Ein Entwurf für ein Abkommen mit dem ukrainischen Präsidenten ist nach polnischen Angaben fertiggestellt. Ministerpräsident Donald Tusk warnt jedoch davor, vorzeitig ein Ende der Krise vorauszusagen.
09.16 Uhr: Die Ukraine stoppt die Ausgabe von fünfjährigen Anleihen im Volumen von zwei Milliarden Dollar. Die Regierung hatte gehofft, dass Russland die Papiere kauft und so hilft, einen Staatsbankrott abzuwenden.
08.57 Uhr: Die ukrainischen Demonstranten haben dem polnischen Grenzschutz zufolge ihre Blockaden an der Grenze zum Nachbarland wieder geräumt.
08.41 Uhr: Der französische Außenminister Laurent Fabius, der an den Verhandlungen beteiligt ist, warnt vor vorschnellem Optimismus. Die Opposition müsse sich zunächst beraten.
07.34 Uhr: Die ukrainische Führung und die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen erzielen nach Angaben des Präsidialamtes in Kiew in ihrem Krisengespräch eine Vereinbarung. Diese werde am Mittag unterzeichnet. Diplomaten und Vertreter Opposition bestätigen dies zunächst nicht. (rtr/dpa)
Die Details zur Einigung im Krisengespräch
Die ukrainische Führung und die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen haben nach Angaben des Präsidialamtes in Kiew in ihrem Krisengespräch eine Vereinbarung erzielt. Diese werde am Mittag unterzeichnet, teilte das Präsidialamt am Freitag mit.
Details wurden in der Mitteilung nicht genannt. Von den EU-Vermittlern um Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier gab es dafür zunächst keine Bestätigung. In Steinmeiers Umgebung war weiterhin von "sehr schwierigen Verhandlungen" die Rede.
Die Gespräche der EU-Delegation mit Janukowitsch und der Opposition in Kiew dauerten fast die gesamte Nacht. Die EU hatte einen Fahrplan vorgeschlagen, der unter anderem die Bildung einer Übergangsregierung innerhalb von zehn Tagen, eine Verfassungsreform sowie vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen noch in diesem Jahr vorsieht.
Nacht auf dem Maidan vergleichsweise ruhig
Steinmeier sowie seine Kollegen Radoslaw Sikorski (Polen) und Laurent Fabius (Frankreich) führten seit Donnerstag immer wieder Gespräche im streng gesicherten Präsidialamt. In der Nacht schaltete sich auch ein russischer Vermittler ein, der scheidende Menschenrechtsbeauftragte Wladimir Lukin. Für die Opposition nahmen Vitali Klitschko von der Partei Udar (Schlag), Arseni Jazenjuk von der Vaterlandspartei (Batkiwschtschina) der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko und Oleg Tjagnibok von der rechtspopulistischen Swoboda (Freiheit) teil.
Kampf auf dem Maidan
Auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz von Kiew, dem Maidan, war die Lage in der Nacht vergleichsweise ruhig. Augenzeugen berichteten allerdings, Demonstranten rüsteten sich für neue Zusammenstöße mit der Polizei, Reifen brannten. Das ukrainische Parlament hatte am Donnerstagabend ein Ende des staatlichen Anti-Terror-Einsatzes gegen die Regierungsgegner beschlossen und wollte auch am Freitag wieder tagen.
Trotz einer Vereinbarung auf gegenseitigen Gewaltverzicht war die Lage am Donnerstag in Kiew außer Kontrolle geraten. Bei Straßenschlachten zwischen Sicherheitskräften und Regierungsgegnern wurden nach Regierungsangaben fast 50 Menschen getötet. Damit kamen seit Beginn des jüngsten Gewaltausbruchs am Dienstag mindestens 77 Menschen ums Leben. (rtr/dpa/afp)