Kiew.

Kiew steht in Flammen. Die Proteste gegen den ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch versinken in Blut und Chaos.

Mit Wasserwerfern und Gummigeschossen rückte die Polizei am Dienstagabend im Kiewer Stadtzentrum auf die Stellungen der Regierungsgegner vor. Die Demonstranten schossen mit Feuerwerkskörpern zurück; die Sicherheitskräfte wurden mit Molotow-Cocktails und Pflastersteinen angegriffen. Am zentralen Platz, dem Maidan, brannte es lichterloh. Über dem Zentrum lag der giftige schwarze Qualm brennender Autoreifen.

Die Meldungen überschlugen sich. Schon den ganzen Tag über herrschten Zustände wie in einem Bürgerkrieg. Mindestens 14 Menschen kamen ums Leben. Am Abend sprachen die Behörden von 300 Verletzten, darunter auch Dutzende Polizisten. Augenzeugen sagten allerdings, es habe sogar viel mehr Opfer gegeben. Beide Seiten hätten mit scharfer Munition geschossen. Die einst friedlichen Proteste der pro-europäischen Opposition sind endgültig in Gewalt umgeschlagen.

Radikale Demonstranten griffen im Laufe des Tages ein Büro der Regierungspartei von Janukowitsch an und zündeten es an. In den niedergebrannten Räumen fanden Rettungskräfte eine Leiche. Es habe wie ein Lynchmord ausgesehen, hieß es.

Die Sicherheitskräfte gaben „Extremisten“ und „Faschisten“ die Schuld an der Gewalt. Oppositionsführer wie Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko riefen von einer Bühne aus die Menge zum Durchhalten auf. Klitschko forderte den Westen zum Eingreifen auf. Die Spitzen demokratischer Staaten dürften nicht tatenlos zusehen, „wie ein blutiger Diktator sein Volk tötet“.

Politiker auf beiden Seiten heizten die Stimmung an. Die frühere Regierungschefin Julia Timoschenko rief aus ihrer Haft heraus dazu auf, keine Kompromisse mit der „Bande“ um Janukowitsch einzugehen. Justizministerin Jelena Lukasch konterte: „Heute tragen die Oppositionsführer persönlich Verantwortung für die neue Etappe der Verschärfung des Konflikts.“ Generalstaatsanwalt Viktor Pschonka drohte mit harten Strafen – auch für die prominentesten Regierungsgegner.

Die Eskalation löste weltweit Besorgnis aus. Die US-Regierung zeigte sich entsetzt.