Düsseldorf. . Ein Geheimnisverrat im NRW-Wissenschaftsministerium lässt den seit Wochen andauernden Streit zwischen den Uni-Rektoren und der Ministerin Svenja Schulze (SPD) eskalieren. Rektoren, Präsidenten und Kanzler der Universitäten und Fachhochschulen wittern eine gezielte Indiskretion.
Die geheimen Zahlen, so viel scheint derzeit klar zu sein, stammen aus dem Ministerium von Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD). Wie sie aber ihren Weg gefunden haben auf das Internetportal „Nachdenkseiten.de“, kann sich niemand erklären. Womöglich gab es funktionierende Drähte in die Ministerialbürokratie. Die Internetseite wird betrieben von Wolfgang Lieb, der von 1996 bis 2000 Staatssekretär im NRW-Wissenschaftsministerium war.
Die Rektoren, Kanzler und Präsidenten schäumen. Sie wittern hinter der Veröffentlichung ihrer mit den Hochschulräten verhandelten Zulagen eine gezielte Indiskretion. Ihre massive Kritik an dem geplanten Hochschulzukunftsgesetz der Ministerin könnte nun vor allem als Abwehrschlacht zur Sicherung ihrer Gehälter betrachtet werden. Denn der Entwurf sieht vor, dass künftig das Ministerium wieder mit den Rektoren über Gehälter und Zulagen verhandeln soll – und nicht mehr die Hochschulräte. In diesen sitzen vielfach Unternehmensvertreter, für die Bezüge dieser Höhe nichts Besonderes sind.
Ministerium sucht das Leck
Somit spielt der Vorgang dem Ministerium in die Hände, das aber will nicht hinter der Herausgabe der personalisierten Daten stehen: Wir haben die Zahlen nicht herausgegeben und haben kein Interesse daran, das Thema weiter zu befeuern, verlautet aus Schulzes Haus. Dass indes das Ministerium bereits eine „interne dienstliche Prüfung“ eingeleitet hat, weist darauf hin, dass man die undichte Stelle im eigenen Haus vermutet.
Seit Wochen tobt der Streit um den Referentenentwurf zum Hochschulzukunftsgesetz, es löste eine Protestwelle von beispielloser Geschlossenheit aus. Auch die Wirtschaft stellte sich auf die Seite der Hochschulen. Ein neuer Dirigismus seitens der Ministerialbürokratie werde die Wissenschaftsfreiheit abschnüren, auch der Wirtschaftsstandort NRW sei in Gefahr.
Nun aber scheint das Tischtuch zwischen Politik und Hochschulen endgültig zerschnitten. Die Hochschulleitungen können offenbar keinen Zufall darin sehen, dass die Gehaltslisten ausgerechnet kurz nach einer kritischen Stellungnahme der Rektoren zu dem Gesetz veröffentlicht wurden. Die Kritik der Rektoren an dem Gesetzeswerk werde dadurch diskreditiert. Die Veröffentlichung der Gehaltslisten zu diesem Zeitpunkt sei der wahre Skandal, nicht die Höhe der Gehälter, die im Bundesvergleich im üblichen Rahmen lägen.
FH-Chefs schneiden schlechter ab
Zwar solle der konstruktive Dialog mit dem Ministerium nicht aufgegeben werden, sagten gestern Uni-Rektoren gegenüber dieser Zeitung. Doch sehen sie in dem Vorgang nicht gerade eine vertrauensfördernde Maßnahme.
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Die Rektoren verstanden es offenbar, gut mit den Hochschulräten zu verhandeln. Nach Angaben des Ministeriums betrugen die zusätzlichen Funktions-Leistungsbezüge noch 2006 im Schnitt 8200 Euro. Bis 2010 stiegen sie auf 32.800 Euro und erreichten 2012 im Durchschnitt 37.500 Euro. Dennoch könne in vielen Fällen nicht von einer dramatischen Gehaltszunahme gesprochen werden.
„Gehälter sind unproblematisch“
Der Rektor der Ruhr-Uni Bochum, Elmar Weiler, sagt, er habe mit seinem letzten regulären Gehalt als Lehrstuhlinhaber im Dezember 2006 das Rektoramt angetreten. In der Folgezeit sei sein Gehalt sogar niedriger als zum Zeitpunkt des Amtsantritts gewesen. „Erst nach vier Jahren, nach der ersten Amtszeit, hat Herr Weiler eine Leistungsprämie erhalten, die zu einer Gehaltssteigerung führte. Die Prämie erhielt er, ohne selbst Verhandlungen geführt zu haben. Im Grunde bezieht er bis heute sein reguläres Gehalt als Lehrstuhlinhaber inklusive Leistungsprämie und Tarifsteigerungen“, so ein Uni-Sprecher.
Der Deutsche Hochschulverband stellt sich hinter die Rektoren. „Diese Gehälter sind unproblematisch. Sie entsprechen der großen Verantwortung, die die Rektoren tragen“, sagte DHV-Sprecher Matthias Jaroch. Der Sprecher der Uni Köln, Patrick Honecker, rechnet vor, dass wissenschaftliche Mitarbeiter an Unis in Vollzeit rund 60.000 Euro verdienten. Der Rektor erhalte etwa doppelt so viel. Dies sei in der Relation durchaus angemessen. Übrigens: Die Bezüge der FH-Rektoren fallen bei Weitem nicht so üppig aus. Sie liegen meist unter 100.000 Euro im Jahr.