Düsseldorf. .

Der breite Widerstand geben die umstrittenen Pläne zur Gängelung der NRW-Hochschulen durch die Landesregierung wächst: Die NRW-Rektoren drohen mit Klage gegen das geplante Hochschulgesetz. Der Gesetzentwurf sei ein „Frontalangriff“ auf die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit, kritisierte die Uni-Rektorenkonferenz.

Die Rektoren werfen der Regierung vor, mit konkreten Rahmenvorgaben bis ins kleinste Detail auf Forschungsinhalte Einfluss nehmen zu wollen. So sollen sich die Hochschulen in einer Art „Zivilklausel“ zur friedlichen und nachhaltigen Forschung verpflichten und Forschungsinhalte der Industrie bereits vor Beginn der Zusammenarbeit offenlegen.

Die Vorsitzende der NRW-Rektorenkonferenz und Rektorin der TU Dortmund, Ursula Gather, forderte erhebliche Korrekturen im Gesetzentwurf und warnte davor, die Eigenverantwortung der Hochschulen massiv zu beschneiden. Gather zeigte sich besorgt über die Zukunft des Wissenschaftsstandorts NRW. Aus Sicht der Hochschulrektoren reichen die bisherigen Gesetze und Auflagen für eine transparente Finanzkontrolle der Universitäten aus. So gebe es neben dem geprüften Jahresabschluss weitere 25 Berichte der Hochschulen.

Schulze verteidigt das Vorhaben

NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) verteidigte das umstrittene Vorhaben gegen die breite Kritik von Hochschulen, Wissenschaftlern und Industrie. Auch die Hochschulen müssten einen Beitrag zur Schuldenbremse leisten und den Sinn ihrer Ausgaben nachweise. Nach Angaben der NRW-Rektoren lag NRW 2011 mit 7619 Euro Grundmitteln pro Studierendem aber schon heute deutlich unter dem Durchschnitt der Bundesländer. Auch das Betreuungsverhältnis von 89 Studenten pro Professor liege erheblich unter dem Bundesdurchschnitt mit 69 Studenten auf jeden Professor.

„Es geht gar nicht um Transparenz, sondern um Eingriffsoptionen für das Ministerium in allen relevanten Angelegenheiten“, klagte der Kanzler der Universität Bielefeld, Hans-Jürgen Simm. Bundesweit einmalig seien Pläne, Hochschulen bereits bewilligte Mittel zu sperren, wenn diese den Wünschen des Ministeriums nach nachkommen. Auch die geplante Befugnis des Ministeriums, einer Fakultät das Promotionsrecht zu entziehen, halten die Hochschulen für einen Verstoß gegen das verfassungsrechtlich Zulässige.

Eine Milliarde Drittmittel

Die Rektoren sehen 2500 Arbeitsplätze in der Forschung gefährdet, falls Hochschulen der Wirtschaft die notwendige Vertraulichkeit bei der Zusammenarbeit nicht garantieren könnten. Das Präsidiumsmitglied im Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Arndt Kirchhoff, hatte angekündigt, Forschungsaufträge in andere Bundesländer zu verlagern, falls NRW-Hochschulen bereits vor Beginn der Forschung konkrete Inhalte, Volumen und Förderer öffentlich machen müssten. Ministerin Schulze ließ darauf mitteilen, dass eine bedingungslose Offenlegung der Drittmittelforschung nicht Ziel der Gesetzgebung sei.

Nach Angaben des Kölner Uni-Rektors Axel Freimuth waren die NRW-Hochschulen nach Einführung des Freiheitsgesetzes in Nordrhein-Westfalen sehr erfolgreich und nehmen jährlich rund eine Milliarde Euro Drittmittel ein. Damit könnten 10 000 Arbeitsplätze für den wissenschaftlichen Nachwuchs gesichert werden. Das Zurückrudern von Rot-Grün und „eine zentrale Steuerung durch das Ministerium sowie eine vollkommene Offenlegung der Forschungsinhalte macht uns unattraktiver für Wissenschaftler, Studenten und Wirtschaft“, mahnte Freimuth.

Der Unirektor fürchtet Millionenkosten durch eine Stärkung der Ministerialbürokratie. Auch die Akademie der Wissenschaften warnte, dass Forschungskooperationen mit Unternehmen verhindert würden, wenn Aufträge Dritter ausnahmslos veröffentlicht werden müssten.