Kassel. Bevor jemand vom Staat Hartz IV bekommt, muss er sein eigenes Vermögen anzapfen. Das gilt auch für Lebensversicherungen. Doch es gibt Ausnahmen. Altersvorsorge ist zum Beispiel nicht zu berücksichtigen, solange sie einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigt.
Lebensversicherungen sollen oft im Alter vor Armut schützen. Doch bei Arbeitslosigkeit kann es sein, dass diese Policen in bestimmten Fällen vorzeitig gekündigt werden müssen, bevor der Staat als Geldgeber einspringt.
Inwieweit werden Lebensversicherungen bei der Berechnung von Hartz IV berücksichtigt?
Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, heißt es im Gesetz. Grundsätzlich also auch Lebensversicherungen - denn sie gelten als eigenes Vermögen, das zunächst aufgebraucht werden muss, bevor es Geld vom Staat gibt. Allerdings ist Altersvorsorge nicht zu berücksichtigen, solange sie einen bestimmten Höchstbetrag nicht übersteigt. Die Diskussion über den Schutz von Lebensversicherungen betrifft also nur Verträge, die nicht bereits bis zum Rentenalter festgelegt sind. Nach Angaben des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft und der Bundesagentur für Arbeit (BA) gibt es keine Statistik darüber, wie viele Hartz-IV-Empfänger eine Lebensversicherung haben.
Welche Ausnahmen gibt es?
Als Ausnahmen für die Anrechnung gelten zum einen wirtschaftliche Gründe, zum anderen auch eine sogenannte besondere Härte. Wenn der Verlust bei einer vorzeitigen Kündigung der Lebensversicherung zu hoch ist, sei das wirtschaftlich nicht zumutbar. Damit soll der Hartz-IV-Empfänger vor einer Vergeudung seines Vermögens geschützt werden. Unter besonderer Härte wird beispielsweise verstanden, wenn ein Hartz-IV-Empfänger jahrzehntelang in die Versicherung eingezahlt hat und dann nur wenige Monate Hartz IV bezieht, bevor er in Rente geht. In diesem Fall würde die Lebensversicherung nicht angerechnet.
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Ab wann ist eine Kündigung offensichtlich unwirtschaftlich?
Das Bundessozialgericht in Kassel hat für den Verlust derzeit keine genaue Grenze festgelegt - es kommt also auf den Einzelfall an. In früheren Fällen wurden 12,9 Prozent Verlust als noch zumutbar erachtet, bei einem Verlust von 18,5 Prozent dagegen äußerten die höchsten deutschen Sozialrichter Zweifel.
Und wie haben andere Gerichte bisher geurteilt?
Das Bayerische Landessozialgericht bestätigte im September 2013 im Fall einer arbeitslosen Bürokraft, dass sie wegen ihrer Kapitallebensversicherungen keinen Anspruch auf Hartz IV habe. Das Sozialgericht München hatte einen Verlust von weniger als 10 Prozent bei der ersten sowie von etwas über 10 Prozent bei der zweiten Versicherung bei einem Rückkauf nicht als Härte angesehen. Ein Hartz-IV-Empfänger kann bei seiner Lebensversicherung aber auch nachträglich einen Verwertungsausschluss vereinbaren. Damit muss er das Guthaben nicht verwerten, bevor er staatliche Unterstützung erhält. Das Jobcenter darf in diesem Fall die Leistung nicht kürzen, entschied das Sozialgericht Mainz im November 2012. (dpa)