Herne. . Das Jobcenter in Herne hat zuletzt mehr Hartz-IV-Empfänger bestraft: Die Zahl der Sanktionierten hat sich seit 2009 verdoppelt, betroffen sind vor allem junge Menschen. Der häufigste Grund für Strafen: Termine mit der Behörde wurden nicht eingehalten.

Das Jobcenter hat zuletzt deutlich mehr Hartz-IV-Empfänger bestraft. Wie die Behörde auf Anfrage der WAZ mitteilt, hat sich die Zahl der Sanktionierten seit 2009 verdoppelt. Ihnen wurde das Arbeitslosengeld gekürzt, weil sie ihren Verpflichtungen als Leistungsempfänger nicht nachgekommen sind. In der Regel heißt das: Sie haben einmal oder mehrfach beim Jobcenter einen Termin unentschuldigt verstreichen lassen.

Die meisten sind pflichtbewusst

Die meisten Kunden, betont Karl Weiß, Geschäftsführer des Jobcenters, „kommen sehr wohl ihren Verpflichtungen nach“. Er verweist auf die Zahlen: Knapp 15 000 Hartz-IV-Empfänger gab es im Januar, bestraft wurden im Oktober 2013 727; das sind 4,8 Prozent. Im Oktober 2009 waren es noch 366. Sanktionen, sagt Weiß, „sind keine Willkür“. Sein Haus sei vielmehr gesetzlich dazu verpflichtet, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten würden. Sie seien zudem für niemanden gut, auch nicht für das Jobcenter: „Wir wollen mit den Kunden reden, ihnen helfen.“

Insgesamt wurden zwischen Januar und Oktober 3644 Sanktionen ausgesprochen, im selben Zeitraum des Vorjahres waren es 3668, zwischen Januar und Oktober 2009 noch 1649 Sanktionen. Bei der ersten Pflichtverletzung, sagt Weiß, würden 30 Prozent für drei Monate vom Regelbedarf gekürzt, bei einem Meldeversäumnis – das ist das Gros der Sanktionen (siehe Grafik) – seien es 10 Prozent für drei Monate. Der Regelsatz beträgt laut Weiß für Alleinstehende 391, für 18- bis 24-Jährige, die bei den Eltern wohnen, 313 Euro. Jugendliche von 14- bis 17 Jahre erhalten 296 Euro.

Bestraft worden seien vor allem Hartz-IV-Empfänger unter 25-Jahren: „Hier liegt das Problem.“ Junge Menschen seien in seinem Haus deutlich weniger „termintreu“ als die älteren. Damit sich das ändere, will er neue Wege beschreiten: Mit Hilfe von E-Mails und Handy-Kurznachrichten sollen Kunden an ihre Termine erinnert werden. Dieses System sei im Aufbau.

Jobcenter als „Druck-Faktor“

Ein Grund dafür, dass manche Hartz-IV-Empfänger ihre Termine nicht einhalten, sei eine steigende Perspektivlosigkeit, sagt Dagmar Spangenberg-Mades, Leiterin des Zeppelin-Zentrums. Es gebe keine Arbeit für sie, auch diverse Maßnahmen führten oftmals nicht zum Ziel. Das wirke sich auf die psychosoziale Situation aus. Außerdem fühlten sich viele Leistungsempfänger „von der Papierflut des Jobcenters überfordert“, so die Chefin des Arbeitslosenzentrums, manche bei einem Besuch auch nicht ernst genommen. „Für viele ist das Jobcenter ein Druck-Faktor, sie haben Angst, dort hin zu gehen“, so Spangenberg-Mades.