Berlin. . Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen spürt für ihre Afrika-Politik Gegenwind – auch aus den eigenen Reihen. Besonders die CSU hält nichts von einem größeren militärischen Engagement deutscher Soldaten auf diesem Kontinent . Die Ministerin rudert daher zurück: Die Bundeswehr werde nicht in Afrika kämpfen.
Am Montag gab es Ärger. Nehmerqualitäten waren gefragt. Von der Spitze der Unionsfraktion wurde Ursula von der Leyen - intern - hart attackiert. Militärs würden es wohl „friendly fire“ nennen. Nach dem sie unter freundlichen Beschuss geraten war, stellte Verteidigungsministerin von der Leyen (CDU) jetzt in einem Interview klar, ein Kampfeinsatz in Afrika komme für die Bundeswehr „nicht infrage“.
Es ist das vorläufige Ende einer wilden Debatte. Es geht um die Absicht der Regierung, sich stärker in Afrika zu engagieren, auch militärisch, was besonders die CSU stört. Und es geht um ein Gefühl, um den Eindruck nämlich, dass von der Leyen vollendete Tatsache schaffe.
Sie gilt als Wiederholungstäterin. In ihren bisherigen Ämtern trat sie als Einzelkämpferin in Aktion; ob es nun um Kitas oder die Frauenquote ging. Nichts reizt Abgeordnete mehr, als wenn sie wie Abnicker dastehen.
Französische Truppen im Kampfeinsatz in Mali
Der Anlass der Debatte war Mali. Für die internationale Hilfe hat sich eine Arbeitsteilung herausgebildet: Die UNO begleitet den Staatsaufbau, die EU übernimmt die Ausbildung von Polizei und Streitkräften, und den Kampfeinsatz im Norden gegen die Tuareg Rebellen führen Afrikanische Union und die französische Armee. Es ist die „Operation Serval“. Und wer bedenkt, dass im Land vier Millionen Menschen mit einem französischen Pass leben, versteht, warum die alte Kolonialnation in der Region als Ordnungsmacht eingreift.
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Die Bundeswehr hilft mit Ausbildung, beim Transport und einmal auch mit Luftbetankung von Kampfflugzeugen. Das entlastet Frankreich, blieb aber überschaubar. Größenordnung: 180 Mann. Diese Obergrenze soll auf 250 aufgestockt werden. Kein Problem.
Nur: Nachdem Bundespräsident Joachim Gauck und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eine aktivere deutsche Rolle gefordert haben, fürchten die Abgeordneten einen Kurswechsel über ihre Köpfe hinweg. Steinmeier will nächste Woche ein Afrika-Konzept beraten.
Abgeordnete fühlen sich übergangen
Viele Abgeordnete sind aber neu im Bundestag und irritiert, zumal sie zum Beispiel erst über die Medien erfahren haben, dass erwogen wird, in Somalia - in einem Konfliktgebiet - Ausbildungshilfe zu leisten. Gestern wurden weitere Planspiele bekannt. Diesmal soll die Bundesmarine die Zerstörung syrischer Chemiewaffen im Meer absichern - wieder war das Auswärtige Amt die treibende Kraft.
Auch von der Leyen weckte den Argwohn der Abgeordneten. Von der Ministerrede auf der Münchner Sicherheitskonferenz blieb vor allem ein Satz hängen, „Abwarten ist keine Option“. Als sie wenig später auf einer Afrika-Reise gefragt wurde, ob sie einen Kampfeinsatz ausschließe, war die Antwort nicht ganz eindeutig: Im Prinzip ja, aber wenn die Partner „Akuthilfe“ brauchten, dann kenne Deutschland seine Verantwortung.
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Die Linkspartei fragt sich, wer wen ausbildet, nur die Bundeswehr die malischen Streitkräfte? Oder werde nicht eher die Bundeswehr befähigt, in Afrika zu kämpfen? Sollten die Bilder von der Ministerin in Mali die deutsche Bevölkerung auf eine neue Normalität vorbereiten? Es ist ein offenes Geheimnis, dass dies im französischen Interesse läge und auch, dass die deutsch-französische Brigade mehr zu Einsätzen kommt.
Die Bundeswehr ist eine „Parlamentsarmee“
Nun hat von der Leyen nicht allein Kampfeinsätze ausgeschlossen, sondern auch die Stabilisierung der afrikanischen Länder demonstrativ zur „europäischen Aufgabe“ erklärt. Von der Leyen: „Nationale oder binationale Alleingänge wird es mit deutschen Soldaten nicht geben.“
Die Franzosen haben es leichter. Sie haben die Ortskenntnisse und die Erfahrung. Historisch, sprachlich, kulturell ist ihnen der Kontinent vertraut. Sie setzen sehr stark ihre Fremdenlegion ein und sind politisch anders gepolt. In Frankreich ist alles auf den Präsidenten ausgerichtet - die Bundeswehr hingegen ist eine Parlamentsarmee. Und soll es auch bleiben. Die CSU will den Streit über die Militärpolitik auf dem nächsten Koalitionsausschuss zur Sprache bringen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht für die traditionelle Kultur der Zurückhaltung. Dass sich ihre forsche Ministerin gemäßigt hat, dürfte auch Merkel gefallen haben.