Brüssel. . Einige europäische Staaten wittern mit dem Verkauf ihrer Staatsbürgerschaft offenbar ein lukratives Geschäft. Für rund 1,1 Millionen Euro kann man einen Pass der Mittelmeerinsel Malta kaufen - und wird zugleich EU-Bürger mit allen Vorzügen. Brüssel ist wenig erfreut, aber weitgehend machtlos.

Eine Million hundertfünfzigtausend Euro: Für dies stolze Sümmchen bietet der Zwergstaat Malta Ausländern einen Pass und damit seine Staatsbürgerschaft an – und die der Europäischen Union gleich mit. Denn die Mittelmeer-Insel ist seit 2004 Mitglied der EU. Die – bislang – rund 410.000 Malteser sind also, wie Deutsche, Franzosen oder Engländer auch, zugleich „Unionsbürger“.

In Brüssel ist man über das Geschäftsmodell des kleinen Inselstaats nicht gerade erfreut. Denn: Ein Hintertürchen in die EU für Betuchte – das entspricht nicht gerade den Vorstellungen von der Wertegemeinschaft, für die sich beitrittswillige Länder mühsam qualifizieren müssen.

Malta erwartet 1800 Neubürger

Billig ist es nicht, Malteser zu werden. Zum einen ist eine Spende über 650.000 Euro zugunsten eines speziellen Wohlfahrtsfonds fällig. Alsdann wird der Erwerb einer Immobilie von mindestens 350.000 Euro erwartet. Und schließlich muss der Interessent für 150.000 Euro maltesische Staatsanleihen kaufen.

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Die Regierung in der Hauptstadt Valletta rechnet denn auch nur mit geschätzten 1800 Neuzugängen auf diesem kostspieligen Weg. Unter den Einheimischen ist die Sache indes nicht sonderlich populär, obwohl das eingesammelte Geld in Schulen, Krankenhäuser und neue Arbeitsplätze gesteckt werden soll.

Andere EU-Mitglieder verkaufen Aufenthaltsgenehmigungen

Die Idee für den kostenpflichtigen Zutritt zu Europa hat das Inselchen übrigens nicht exklusiv: Auch Portugal, Griechenland, Zypern und Lettland verscherbeln gegen sechsstellige Beträge mehrjährige Aufenthaltsgenehmigungen, mit denen sich der Inhaber im Schengen-Raum frei bewegen kann.

Ungarn und eine Zeit lang auch Rumänien haben ihre Staatsbürgerschaft nicht gegen Geld, sondern aus politischen Gründen bei der ethnischen Verwandtschaft im slowakischen und moldawischen Ausland feilgeboten.

Die Europäische Union hat rechtlich kaum Möglichkeiten, dagegen einzuschreiten: Die Vergabe von Staatsbürgerschaften ist prin­zipiell allein Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten. Doch im Europäischen Parlament ist die Verärgerung fraktionsübergreifend. „Eine total bescheuerte Idee“, wettert der liberale Fraktionschef Guy Verhofstadt. „Ich verstehe nicht, wie man so was aushecken kann!“

Geld für Flüchtlinge sammeln

Sein sozialdemokratischer Kollege Hannes Swoboda will sich mit der rein nationalen Entscheidungsbefugnis über Einbürgerung nicht abfinden. Weil die ja europäische Konsequenzen habe, brauche man gemeinsame Regeln, „einen abgestimmten europäischen Ansatz in Sachen Bürgerschaft“. Eine Resolution in diesem Sinne wollen die Abgeordneten am heutigen Donnerstag verabschieden.

Eine pfiffigere Idee hat der Vormann der Grünen, Daniel Cohn-Bendit. Er will den Maltesern sozusagen mit gleicher Münze heimzahlen: Man werde Geld sammeln, um einem Interessenten aus Afrika den Ankauf eines maltesischen Passes zu ermöglichen. Gegenüber Boots-Flüchtlingen aus dem Süden hat sich die Insel nämlich bislang wenig aufnahmebereit gezeigt.