Berlin. . Ronald Pofalla ist nicht der erste Politiker, der zur Deutschen Bahn wechseln will. Der Konzern bot schon oft Politikern lukrative Jobs zum Ende ihrer Karriere an. Sie werden als Lobbyisten geschätzt. Doch der Erfolg ist nicht garantiert.
Es war eine denkwürdige Pressekonferenz der Bahn, damals im Jahr 2000. In dramatischen Worten warb Bahnchef Hartmut Mehdorn um mehr Geld für das marode Schienennetz. Neben ihm saß der noch amtierende, aber politisch angeschlagene Verkehrsminister Reinhard Klimmt. Die Journalisten interessierte Mehdorns Lamento wenig. Sie wollten von Klimmt nur eines hören: die Rücktrittsankündigung. Der SPD-Politiker ging dann auch vorzeitig. Und auch die Bahn bekam, was sie wollte: eine Milliarde Euro zusätzlich. Mehdorns Lobbyarbeit bei Klimmt trug Früchte. Etwas später erhielt der geschasste Minister einen gut dotierten Beratervertrag – bei Mehdorns Bahn.
Immer wieder diente und dient die Deutsche Bahn als Zuflucht für altgediente Politiker. Der nun kolportierte Wechsel des bisherigen Kanzleramtschefs Ronald Pofalla würde die lange Reihe der Namen nur um einen weiteren ergänzen.
Johannes Ludewig - Vom Aufbau Ost zur Bahn
Auch interessant
Bis ganz an die Spitze der Bahn schaffte es 1997 Johannes Ludewig. Der CDU-Politiker und Kohl-Vertraute hatte zuvor als Staatssekretär im Wirtschaftsministerium recht erfolgreich den Aufbau Ost geleitet. Doch als Manager des Bahnkonzerns verließ ihn das Glück. Nach nur zwei Jahren wurde er durch Mehdorn ersetzt. Darben musste Ludewig aber nicht. Denn als Cheflobbyist beim europäischen Verband der Bahnen durfte er weitermachen.
Genau diesen Job strebte später auch der 2010 in NRW abgewählte CDU-Mann Jürgen Rüttgers an. Doch war die Bereitschaft Europas Bahnen zu einer neuerlichen Vertretung durch einen Deutschen nicht mehr gegeben. Rüttgers zog sich rechtzeitig zurück.
Dann waren da noch mehrere Länderverkehrsminister, die nach ihrer Amtszeit bei der Bahn unterkamen oder als Berater angeheuert wurden. Der SPD-Politiker Jürgen Heyer schloss beispielsweise als Verkehrsminister von Sachsen-Anhalt 2002 einen Milliardenvertrag mit der Bahn, ohne Konkurrenzangebote einzuholen. Wenig später, den Ministerposten los, heuerte Heyer als Aufsichtsratsvorsitzender bei der damaligen Bahn-Beteiligung Scandlines, einem Fährunternehmen, an. Der umstrittene Vertrag wurde wieder aufgelöst.
Bahnchef Grube schaffte umstrittene Beraterverträge ab
Ähnlich lief es beim brandenburgischen Verkehrsminister Hartmut Meyer, ebenfalls Sozialdemokrat. Auch er schloss einen Vertrag mit der Bahn ab, verließ das Ministerium und tauchte später als Berater der Bahn wieder auf.
Weitere Ex-Minister wurden nach ihrer politischen Laufbahn als Berater des Verkehrskonzerns eingespannt. Ein großer Karrieresprung gelang 2006 dem CSU-Mann Otto Wiesheu, der zuvor als Verkehrsminister Bayerns amtierte. Er schaffte es in den Bahn-Vorstand und war dort für die politischen Kontakte des Konzern zuständig. Damals ging es vor allem um die Akzeptanz der Berliner Politik für den anstehenden Börsengang, der am Ende doch nicht vollzogen werden konnte.
Den Vorstandsposten schaffte der heutige Bahnchef Rüdiger Grube wieder ab. Auch die umstrittenen Beraterverträge wurden von ihm beendet. Es sollte wieder sauber zugehen bei der Bahn.
Ohne Lobbyarbeit geht es nicht
Ohne Lobbyarbeit kommt das Unternehmen aber nicht aus. Diese Aufgabe übernahm mit Georg Brunnhuber (CSU) einer der Verfechter des Börsengangs im Bundestag, nachdem er aus dem Parlament ausschied. Nun sieht es so aus, als könnte mit Ronald Pofalla wieder ein Netzwerker mit guten Kontakten zur Politik in den Vorstand einrücken.
Es gibt viele Entscheidungen in den Ländern, in Berlin und Brüssel, die sich direkt auf die Geschäfte des Konzerns auswirken. Da ist es hilfreich, wenn ein erfahrener Politiker seine Kontakte nutzt.
In der EU gab es etwa Bestrebungen, Netz und Betrieb von Eisenbahnen grundsätzlich zu trennen. Die Deutsche Bahn drohte ein elementares Geschäftsfeld und überdies den Einfluss bei der Trassenvergabe einzubüßen. Der Vorschlag der Kommission wurde zwar abgeschwächt und die Zerschlagung des Konzerns verhindert.
Doch nun will Brüssel harte Auflagen durchsetzen. Damit hätten alle Konkurrenten auf den Gleisen dieselben Zugangsbedingungen zum Netz. Bei Verstößen drohen Sanktionen. Hier wartet viel Arbeit auf den nächsten Cheflobbyisten in Brüssel.