Berlin. . Ex-Kanzleramtsminister Ronald Pofalla ist als künftiger Bahn-Manager im Gespräch. Sein möglicher Seitenwechsel erregt die Gemüter. Oppositionspolitiker sind empört, Anti-Korruptions-Aktivisten fordern, dass Pofalla beim Jobwechsel sein Bundestagsmandat abgibt.
Die Diskussion über den möglichen Vorstandsposten bei der Deutschen Bahn für den früheren Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) zieht immer größere Kreise. Die Opposition aus Linken und Grünen im Bundestag äußerte sich empört. Heftige Kritik kam von der Anti-Korruptionsorganisation Transparency. Die Internet-Plattform abgeordneten-watch.de forderte Pofalla auf, den Vorstandsposten nicht anzunehmen.
Pofalla ist angeblich für den Vorstand der bundeseigenen Bahn im Gespräch. Wie die "Saarbrücker Zeitung" (Freitag) berichtet, soll der 54-Jährige ein neues Ressort für die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik übernehmen. Ein Bahn-Sprecher sagte auf Anfrage am Donnerstag dazu lediglich: "Zu Personalspekulationen aller Art nehmen wir keine Stellung."
Erst Mitte Dezember war bei der Bildung der neuen schwarz-roten Bundesregierung überraschend Pofallas Rückzug aus der ersten Reihe der Bundespolitik bekanntgeworden. Über den Vertrauten von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte es geheißen, er wolle nach einer Auszeit in die Wirtschaft wechseln und auch mehr Zeit für sein Privatleben haben. Der Jurist war zuvor CDU-Generalsekretär. Er sitzt seit 1990 im Bundestag, sein Mandat hat er behalten.
Pofalla "wird Bundestagsmandat zürückgeben müssen"
Im November war schon der Staatsminister im Kanzleramt, Eckart von Klaeden (CDU), in die Wirtschaft gewechselt. Der 48-Jährige ging als Leiter der Abteilung Politik und Außenbeziehungen zum Autokonzern Daimler. Das löste heftige Kritik aus.
Transparency Deutschland sprach von einem Verfall politischer Sitten. Pofalla werde sein Bundestagsmandat zurückgeben müssen, sagte Transparency-Geschäftsführer Christian Humborg dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag). Auch abgeordneten-watch.de warf die Frage auf, wie Pofalla einen Vorstandsposten, der mit über einer Million Euro dotiert sei, mit seinem Abgeordnetenmandat vereinbaren wolle.
"Eindruck, dass Pofalla gezielt gekauft wird"
Ulrich Kelber (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesjustizministerium, sagte der "Passauer Neuen Presse" (Freitag): "Da entsteht der Eindruck, dass der bisherige Kanzleramtsminister gezielt gekauft wird." Schließlich sei Pofalla "nicht als Technikvorstand" im Gespräch.
Wenn Politiker Lobbyisten werden
Britta Haßelmann, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte dem Blatt: "Wenn Pofalla tatsächlich in den Vorstand der DB AG in ein eigens für ihn geschaffenes Ressort wechseln wird, hat das nicht nur ein Geschmäckle, sondern ist das empörend." Sie kritisierte: "Es kann nicht sein, dass es einen nahtlosen Rollenwechsel vom gerade noch Kanzleramtsminister zum Lobbyisten eines Konzerns gibt." Der Fall unterstreiche die Forderung der Grünen nach einer Karenzzeit für Regierungsmitglieder, die in die Wirtschaft oder in Verbände wechseln wollten.
Linken-Chefin fordert Karenzzeit für Regierungsmitglieder
Auch Linke-Chefin Katja Kipping forderte der Zeitung zufolge eine gesetzliche Regelung für Politiker-Wechsel in die Wirtschaft. "Wir brauchen eine fünfjährige Karenzzeit für Regierungsmitglieder, in der Wechsel auf Spitzenposten in der Wirtschaft verboten sind."
Bei der Bahn ist der Aufsichtsrat für Vorstandsfragen zuständig. Zur nächsten regulären Sitzung kommt das Kontrollgremium Ende März zusammen. Das Bundesverkehrsministerium äußerte sich auf Anfrage am Donnerstag nicht zu der Angelegenheit.
Um politische Beziehungen kümmert sich für die Bahn bisher der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Georg Brunnhuber, und zwar als Beauftragter des Vorstands. Auch bei der EU in Brüssel tritt der Konzern für seine Interessen ein. Ein eigenes Vorstandsressort für Politik und Wirtschaft hatte es bei der Bahn schon bis 2009 gegeben. Damals war der frühere bayerische Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) auf den Posten geholt worden. (dpa)