Scharfe Kritik an Pofallas Wechsel zur Deutschen Bahn
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Berlin. Der frühere Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) soll nach Medieninformationen in den Vorstand der Deutschen Bahn wechseln. Auf seinem hochdotierten Posten soll er sich demnach um Kontakte zur Politik kümmern. Transparency spricht von einem “Verfall der politischen Sitten“.
Der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) geht nach Informationen der "Saarbrücker Zeitung" in den Vorstand der Deutschen Bahn. Der 54-Jährige soll ein eigens für ihn geschaffenes Ressort übernehmen, das die langfristige Unternehmensstrategie und Kontakte zur Politik umfasst, wie die Zeitung unter Berufung auf gut unterrichtete Kreise in Berlin berichtete. Entsprechende Informationen wurden auch der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag in Berlin im Grundsatz bestätigt.Die Antikorruptionsorganisation Transparency International sprach von einem "Verfall politischer Sitten".
Ein Vorstandsposten bei der Bahn wird mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet. Die Bahn wollte den Bericht weder bestätigen noch dementieren. Zu Personalspekulationen nehme der Konzern keine Stellung, sagte ein Sprecher.
Pofalla hatte seinen Posten im Kanzleramt Ende des Jahres geräumt und angekündigt, er wolle nur sein im Wahlkreis Kleve gewonnenes Bundestagsmandat behalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte seinen Weggang ausdrücklich bedauert. "Er war mir eine ganz wichtige Stütze", sagte sie. In der "Welt" hieß es Mitte Dezember, Pofalla wolle in die Wirtschaft wechseln.
Transparency fordert von Pofalla Verzicht auf Bundestagsmandat
Der direkte Wechsel von Staatsminister Eckart von Klaeden (CDU) aus dem Kanzleramt zum Daimler-Konzern hatte zuvor für erhebliche Kritik gesorgt. Pofalla will der "Welt" zufolge eine so genannte "Cooling-Off"-Phase zwischen seiner Amtszeit im Kanzleramt und einem Engagement in der Wirtschaft einlegen.
Wenn Politiker Lobbyisten werden
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Transparency International forderte, Pofalla müsse sein Bundestagsmandat zurückgeben. "Wir finden es unanständig, wenn er sich erst von den Menschen wählen lässt, um nur wenige Wochen später auf einen lukrativeren Job in der Wirtschaft zu wechseln", sagte der Geschäftsführer von Transparency Deutschland, Christian Humborg, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagsausgabe). Er verwies auf den Koalitionsvertrag, in dem es heiße: "Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an."
Linke wettert gegen Bahn als "Versorger" für ehemalige Minister
Scharfe Kritik kam auch von der Linken. Deren Verkehrsexpertin Sabine Leidig erklärte am Donnerstag: "Ein Teil der Mehreinnahmen durch höhere Ticketpreise soll nun offensichtlich dazu verwendet werden, bei der Bahn einen Versorgungsposten für den ehemaligen Kanzleramtsminister zu schaffen. Das ist nur noch makaber." Die Bahn solle Fahrgäste befördern und keine früheren Minister versorgen.
Zuständig für Vorstandsangelegenheiten bei der Bahn ist der Aufsichtsrat; er soll Ende März zusammenkommen. In dem Gremium sitzen drei Staatssekretäre, die Bahn ist zu 100 Prozent im Staatsbesitz. (afp/dpa)
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