Hannover. . Zwischenbilanz im großen Prozess gegen den Ex-Bundespräsidenten: Die Staatsanwaltschaft tut sich schwer damit, das Gericht von einem Fehlverhalten Christian Wulffs zu überzeugen. Dennoch ist Oberstaatsanwalt Eimterbäumer von der Schuld des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten überzeugt.
Kurz vor Weihnachten hatte das Landgericht Hannover eine frohe Botschaft für den Ex-Bundespräsidenten: In einer Zwischenbilanz im Korruptionsverfahren gegen Christian Wulff erklärte der Vorsitzende Richter Frank Rosenow, das Gericht sehe bislang keine strafrechtlich relevanten Vorteile für Wulff. Bei seiner Einladung aufs Oktoberfest 2008 sei Wulff behandelt worden wie jeder andere auch, in anderen Punkten seien die Aussagen Wulffs nicht auszuschließen und auch nicht zu widerlegen.
„Wir werden unseren Mandanten weiter beraten, für seinen Freispruch zu kämpfen“, erklärte noch in der Verhandlung Wulffs Bonner Anwalt Bernd Müssig. Doch die Staatsanwaltschaft findet Wulffs Angaben unglaubwürdig: Die Vorwürfe seien durch Urkunden belegt und bestätigt, betonte Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer.
Richter ist nicht überzeugt
Nach etlichen meist zähen Zeugenvernehmungen, darunter von Wulff-Ehefrau Bettina und „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler, war die für diese Woche angekündigte „Zwischenbilanz“ des Gerichts mit Spannung erwartet worden. Gerüchte vom frühen Ende des Prozesses geisterten durchs Land.
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Wulff ist angeklagt, sich bei einem Besuch des Oktoberfests 2008 in München von dem mitangeklagten Filmunternehmer David Groenewold Hotel-, Babysitter- und Restaurantkosten bezahlt haben zu lassen. Wulff, seinerzeit Ministerpräsident auf der Höhe seiner Macht, soll sich für Geschäftsinteressen Groenewolds einge-setzt haben. Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung lautet die Anklage.
Nach der Video-Vernehmung einer aus Innsbruck zugeschalteten Kellnerin, die 2008 beim Oktoberfest den Wulff-Tisch im „Käfer“-Festzelt bediente, präsentierte Richter Rosenow dann die „vorläufige Bewertung“.
Ehepaar Wulff und Groenewold nicht gemeinsam beim Essen
Zum Vorwurf, wonach Groenewold dem Ehepaar Wulff am ersten gemeinsamen Abend in München ein Essen im Hotelrestaurant „Trader Vic’s“ für 209 Euro spendierte, sagte der Richter, er sei nicht davon überzeugt, dass Groenewold mit dem Ehepaar Wulff aß.
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Eine Rechnung auf Groenewolds Zimmernummer liegt vor, es gab drei Hauptgerichte. Groenewolds Freundin kam erst am folgenden Tag an. Wulff hatte ausgesagt, vermutlich seien er und seine Frau an jenem Abend auf dem Zimmer geblieben. Doch ein Babysitter war auch für den ersten Abend der Wulffs im Hotel gebucht. Ob einer kam und falls ja, wer es war, ist offen.
„Als Bekannter und Freund David Groenewolds durfte der Angeklagte die Einladung annehmen“, sagte der Richter zu Wulffs Besuch auf dem Oktoberfest am nächsten Abend. Außerdem hatte Groenewold 400 Euro von Wulffs Zimmerkosten sowie 110 Euro für den Babysitter übernommen. Wulff will Groenewold das Babysitter-Geld sofort erstattet haben, als es bei Abreise auf seiner eigenen Rechnung fehlte. Von der Teilübernahme der Zimmerkosten habe er erst Jahre später erfahren.
„Nicht zu widerlegen“, nannte das der Richter. Hotelmitarbeiter hatten im Prozess als Zeugen bekräftigt, dass Groenewolds Einspringen auf Wulffs Rechnung nicht ersichtlich gewesen sei. Der vergleichsweise niedrige verbleibende Betrag für Wulff, nur 230 Euro pro Nacht für eine Hotel-Suite, habe dem entsprochen, was Wulff mit Promi-Rabatt in Hotels oft gezahlt habe.
Einstellung abgelehnt
Die Anregung des Gerichts an die Beteiligten, über ein Einstellen des Verfahrens nachzudenken, im Fall Groenewolds gegen eine symbolische Geldbuße, schmettere die Staatsanwaltschaft ab. Groenewold habe Wulff bewirtet sowie Hotel- und Babysitterkosten für Wulff übernommen. Das sei durch Urkunden belegt und durch Aussagen bestätigt. Groenewold habe außerdem Wulffs Namen von seiner eigenen Hotelrechnung löschen lassen.
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Auch auf dem „Käfer“-Bewirtungsbeleg tauchten Wulff und Frau nicht auf. Die Kosten seien ohne Zweifel „mit dem Wissen und Wollen Christian Wulffs“ übernommen worden, betonte Eimterbäumer. Auch Wulff selbst habe verschleiert: So habe Wulff der Staatskanzlei in Hannover ein Treffen mit dem Verleger Hubert Burda um 18 Uhr in München als einen dienstlichen Reisegrund genannt
„Dieses Treffen hat es nie gegeben“, so Oberstaatsanwalt Eimterbäumer. Wulff und Burda trafen sich dann immerhin im Festzelt auf dem Oktoberfest. Dort ist es so laut, dass Kellner die Bestellung oft von den Lippen lesen, wie die Zeugin aus Innsbruck sagte.