Berlin. Im Bundestag funktioniert die große Koalition bereits: Erst wollte die SPD nur einen Vizepräsidentenposten. Nun sollen es aber zwei sein. Offizielle Begründung ist die hohe Arbeitsbelastung durch mehr Sitzungen und Kompetenzen. Nach einer Absprache mit der Union bekommt auch die CDU einen zweiten Posten.

Union und SPD sollen entgegen der ursprünglichen Planung nun jeweils zwei Vizepräsidentenposten im Deutschen Bundestag bekommen. Auf diese an die große Koalition vor acht Jahren angelehnte Regelung hätten sich CDU/CSU und SPD geeinigt, hieß es am Montag aus Fraktionskreisen in Berlin. Ursprünglich wollte die SPD nur einen Vizepräsidentenposten. Die Änderung bedeutetet, dass nach der CSU nun auch die CDU einen stellvertretenden Bundestagspräsidenten stellt.

Bisher hat die Union Norbert Lammert (CDU) als Präsidenten und Johannes Singhammer (CSU) als Vizepräsidenten nominiert. Traditionell stellt die stärkste Fraktion den Präsidenten. Bei der SPD soll Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt Vizepräsidentin im Bundestag werden, hieß es am Montag aus Fraktionskreisen. Mit wem der zweite Stellvertreterposten besetzt werde, sei noch offen und werde am Nachmittag in der Fraktionssitzung entschieden. Die Grünen schicken Claudia Roth ins Rennen, die Linke Petra Pau.

Steigende Arbeitsbelastung als Begründung

Den Antrag für jeweils zwei Vizeposten wollen die Fraktionen von CDU/CSU und SPD zur konstituierenden Sitzung des Bundestags an diesem Dienstag einbringen und beschließen. "Auf diese Weise wird die Funktionsfähigkeit des Bundestags, vor allem die Leitung von Plenarsitzungen und Kommissionen, gewährleistet", hieß es. Dies gelte insbesondere mit Blick auf die steigende Arbeitsbelastung des Deutschen Bundestags durch mehr Sitzungen und Kompetenzen. Zudem werde die mit dem Ausscheiden der FDP verringerte Stellvertreterzahl den Größenverhältnissen der Fraktionen entsprechend ausgeglichen.

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Allerdings wird mit dann sechs Stellvertretern ein zusätzlicher Posten im Vergleich zur Legislaturperiode 2009 bis 2013 geschaffen. Das kostet Geld, hinzu kommen noch spätere Pensionsansprüche. Petra Pau hatte ihre monatlichen Einkünfte offengelegt. Zusammen mit den Diäten als Abgeordnete sowie der Amtszulage plus Aufwandsentschädigung von zusammen 4421,70 Euro kommt sie auf mehr als 15 700 Euro.

Zwei SPD-Politikerinnen könnten einflussreiche Posten erhalten

In der SPD-Fraktion fordern die Frauen, die mehr als 40 Prozent der Mandate errungen haben, mehr Gewicht. Noch letzte Woche war die nun angeführte Argumentation kein Thema, im sogenannten Vorältestenrat hatte man sich auf je einen Vizeposten geeinigt. Mit dem nun gefundenen Kompromiss könnten zwei SPD-Politikerinnen im Bundestag einflussreiche Posten erhalten - allerdings war es zunächst unklar, ob auch tatsächlich zwei Frauen in der Fraktion gewählt werden.

Bei der letzten großen Koalition (2005 bis 2009), als Union und SPD anders als dieses Mal bei der Bundestagswahl fast auf Augenhöhe lagen, hatte die Union den Präsidenten und eine Stellvertreterin gestellt (Gerda Hasselfeld). Die SPD bestimmte damals Wolfgang Thierse und Susanne Kastner zu Vizepräsidenten. FDP, Grüne und Linke entsandten damals jeweils einen Stellvertreter. (dpa/rtr)