Berlin. . Die Gespräche zwischen Union und SPD gehen nun in die entscheidende Runde. Zwar setzt die SPD setzt beim Mindestlohn hohe Hürden, doch ein Kompromiss ist in Sicht. Schwieriger ist die Sache beim Betreuungsgeld. Wenn es schief läuft, drohen allerdings Neuwahlen.
Es ist die Woche der Entscheidung. Von den Sondierungsgesprächen der Union am Montagabend mit der SPD und am Dienstagabend mit den Grünen hängt ab, ob und mit wem es zu Koalitionsverhandlungen kommt.
Endgültige Klarheit wird erst am Wochenende bestehen, aber die Weichen scheinen in Richtung große Koalition gestellt. Die Signale aus den Spitzen von Union und SPD sind eindeutig, auch die Kanzlerin tendiert offenbar zum breiten Bündnis, das Stabilität verspricht - während sich die kritischen Stimmen zu Schwarz-Grün mehren. Eine Reihe gemeinsamer Projekte sind bei Union und SPD nach den vertraulichen Vorgesprächen schon in Aussicht genommen: Dazu zählen nach internen Angaben eine Pflegereform, zusätzliche Bundesgelder für Bildungseinrichtungen der Länder einschließlich einer Verfassungsänderung, mehr Geld für den Ausbau der Infrastruktur, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen – freilich noch ohne Details. Und in der Rentenpolitik oder bei schärferen Regeln für Leiharbeit sendet die Union Kompromisssignale.
SPD setzt Hürden beim Mindestlohn hoch
Doch kurz vor der entscheidenden Runde setzt die SPD die Hürden hoch: „Ohne die Vereinbarung eines flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro wird es eine Regierungsbeteiligung der SPD nicht geben“, erklärte Generalsekretärin Andrea Nahles in der „Bild am Sonntag“. Eine Taktik, um Kompromisse zu erzwingen? Dass sich die SPD beim Mindestlohn vollständig durchsetzt, zeichnet sich nicht ab – eine Verständigung ist aber in Sicht. Diskutiert wird das Thüringer Modell, eine Idee der großen Koalition in Erfurt. Danach würde von Anfang an eine unabhängige Kommission jährlich einen verbindlichen Mindestlohn festlegen; auch die Bundes-SPD ist für eine solche Kommission, nur zum Start will sie den Mindestlohn per Gesetz auf 8,50 Euro festlegen. Sondiert wird auch, ob es regional differenzierte Mindestlöhne geben könnte. „Der Mindestlohn ist die einfachste Kiste“, sagte der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels, Karl-Josef Laumann.
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Klar ist, dass die SPD-Spitze vor allem bei diesem Thema ein vorzeigbares Zwischenergebnis benötigt, damit ein kleiner SPD-Parteitag am Sonntag dem Start der Koalitionsverhandlungen zustimmt.
Betreuungsgeld ist nicht verhandelbar
Knackpunkte gibt es auch sonst reichlich. Völlig offen ist etwa, wie die geplanten Mehrausgaben für bessere Mütterrenten, Bildung oder mehr Investitionen finanziert werden sollen: Die SPD hält Steuererhöhungen zwar für unvermeidbar, sieht jetzt aber erst einmal die Union in der Erklärungspflicht.
Fachpolitiker beider Seiten haben Kompromisslinien skizziert – Steuern für Reiche rauf, Entlastung für mittlere Einkommen – , das klare Nein zu Steuererhöhungen etwa von CSU-Chef Horst Seehofer erschwert aber eine Verständigung. Anderes ist wohl gar nicht verhandelbar, etwa die Forderung nach einer doppelten Staatsbürgerschaft oder das Betreuungsgeld, das die SPD wieder abschaffen oder zumindest in Länderhoheit überführen möchte – ein Verlangen, das die Union kaum erfüllen kann. Wie man in der SPD weiß.
„Dann gibt es eben Neuwahlen“
An anderen Punkten könnten die Gespräche sehr wohl scheitern. In der SPD-Führung heißt es: „Wenn sich die Union bei zentralen Themen wie dem Mindestlohn nicht ausreichend bewegt, gibt es eben Neuwahlen – die könnten wir dann gut begründen.“
Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Union, die Option einer Koalition mit den Grünen nicht vorzeitig aufzugeben. Doch Grünen-Politiker äußerten sich erneut skeptisch und beklagten fehlendes Entgegenkommen der Union. Haben CDU und CSU nicht noch die große Überraschung im Angebot, werden die Grünen am Dienstag nach der Sondierung Koalitionsverhandlungen mit der Union eine Absage erteilen. Mit dem, was sie bisher sehe, „könnte ich meine Partei nicht überzeugen“, sagt Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt.