Düsseldorf. Die rot-grüne Landesregierung und die Kommunen haben sich darauf geeinigt, dass das umstrittene Inklusions-Gesetz erst zum 1. August 2014 in Kraft tritt. Damit bleibt mehr Zeit zu prüfen, ob Städten und Gemeinden Mehrkosten entstehen. Diese verzichten im Gegenzug zunächst auf eine Verfassungsklage.

Im Streit um die Finanzierung der Inklusion verzichten die Kommunen vorerst auf eine Verfassungsklage gegen das Land. Vor der heutigen Verabschiedung des Gesetzes im Landtag für den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Schülern einigte sich Rot-Grün mit den Kommunen darauf, dass das Gesetz erst zum 1. August 2014 in Kraft tritt. Mit der Vertagung bleibt Zeit für die Klärung, ob den Kommunen Mehrkosten durch die Umsetzung der schulischen Inklusion entstehen, die das Land dann erstatten soll.

Die Städte behalten sich eine Verfassungsklage aber ausdrücklich vor.

Kommunen haben für Klage bis Mitte 2015 Zeit

NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann sprach uns gegenüber von einer "Art Waffenstillstand". Die Kommunen hätten nun nach einer Kostenanalyse Zeit bis Mitte 2015, falls sie doch noch klagen wollten. SPD-Fraktionschef Norbert Römer bezeichnete es als "gemeinsames Ziel", bereits bis zum 31.Januar 2014 zu klären, ob tatsächlich Mehrkosten auf die Kommunen zukommen. Die Landesregierung hält allerdings an der Rechtsposition fest, dass das Land nicht ausgleichspflichtig ist, weil Kommunen keine neuen Aufgaben leisten müssten. Dagegen befürchten die Kommunen Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe.

Auch interessant

Die Landesregierung will ab dem Schuljahr 2014/15 schrittweise einen Rechtsanspruch behinderter Kinder auf Unterricht in der Regelschule verankern. CDU-Schulexperte Klaus Kaiser beklagte, dass NRW keine Qualitätsstandards festlegt. Bis heute habe die Koalition keine Kostenfolgeabschätzung vorgenommen. Die CDU befürchtet, dass die Qualität des Unterrichts weiter sinken wird und forderte in Änderungsanträgen eine grundsätzliche Doppelbesetzung mit einem Lehrer und einem Sonderpädagogen pro Inklusionsklasse.

"SPD spielt auf Zeit, um eine Klagewelle vor der Kommunalwahl 2014 zu verhindern"

Kaiser hält es für "so sicher wie das Amen in der Kirche", dass eine Reihe von Kommunen gegen das Land klagen wird.

FDP-Fraktionschef Christian Lindner bedauerte, dass der Streit über die Inklusion lediglich mit einem Formelkompromiss vertagt worden sei. Die strittigen Fragen der Finanzierung und qualitativen Umsetzung seien weiter offen. "Die SPD spielt auf Zeit, um eine Klagewelle der Kommunen vor der Kommunalwahl 2014 zu verhindern", sagte Lindner. Ministerin Löhrmann erklärte, es werde keine „Zwangs-Inklusion“ geben. Das Tempo der Umsetzung bestimmt allein die Eltern, die selbst entscheiden müssten, ob sie ihr Kind an einer Förderschule oder an der Regelschule anmelden wollten.

Eine Arbeitsgruppe von Land und Kommunen soll „ergebnisoffen“ klären, ob das Gesetz „konnexitätspflichtig“ ist. Dann würde den Kommunen ein finanzieller Ausgleich für neue oder wesentlich veränderte Aufgaben zustehen, deren Kosten landesweit über 4,5 Millionen Euro liegen. Die Kommunen beharren auf einer Anerkennung der Konnexität durch das Land.