Kairo. . Die Chemiewaffen-Kontrolleure der „Organisation für das Verbot chemischer Waffen“ (OPCW) überwachen die Vernichtung des syrischen Giftgas-Arsenals. Ihr Einsatz ist ebenso riskant wie politisch heikel. Für ihren Job erhielt die OPCW nun den Friedensnobelpreis.

Ihre Arbeit ist nicht nur politisch heikel, sondern auch lebensgefährlich: Seit Anfang Oktober sind die ersten 31 Giftgasexperten der „Organisation für das Verbot chemischer Waffen“ (OPCW) im Auftrag der Vereinten Nationen in Syrien, in den nächsten Tagen reisen weitere 70 an. Sie sollen in den kommenden Monaten die Vernichtung der Chemiewaffen aus dem Arsenal des Diktators Assad überwachen. Für ihren Job erhielt die OPCW nun den Friedensnobelpreis.

Gleichzeitig tritt Syrien am nächsten Montag offiziell als 190. Staat der internationalen Chemiewaffenkonvention von 1997 bei, welche Entwicklung, Produktion, Lagerung und Besitz dieser Nervengifte verbietet. Nach dem Willen des UN-Sicherheitsrates muss die OPCW-Mission in dem Bürgerkriegsland bis Mitte 2014 abgeschlossen sein, auch wenn das brisante Mammutprojekt in der Geschichte der Abrüstung bisher ohne Beispiel ist.

Denn die Expertenteams arbeiten unter Kriegsbedingungen. An mehr als zwanzig Standorten hat die syrische Armee ihre teuflischen Vorräte gelagert. Zufahrt und Arbeit vor Ort sind lebensgefährlich, denn das Morden im Land mit herkömmlichen Waffen und bisher 120 000 Toten geht unvermindert weiter.

Assad beschuldigt Rebellen

Nach dem Giftgasangriff am 21. August auf zwei Trabantenstädte von Damaskus war der internationale Druck auf Assad so enorm gewachsen, dass das Regime Mitte September zustimmte, seine Chemiewaffen freiwillig auszuhändigen. Zwar behauptet Damaskus stur, nicht die eigene Armee, sondern die Rebellen hätten das Giftgasmassaker mit mindestens 1400 Opfern angerichtet. Doch die Analysen und Indizien, die ein UN-Expertenteam unter der Leitung des Schweden Ake Sellström vor Ort zusammentrugen, weisen eindeutig in Richtung Regimetruppen.

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Nach Angaben von UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon besteht der OPCW-Einsatz in Syrien aus drei Phasen. In den nächsten Tagen sollen die Teams die Angaben des Regimes über seine Giftgasvorräte verifizieren. Bis zum 1. November muss Assads Armee dann unter Aufsicht der Kontrolleure alle Abfülleinrichtungen und potenziellen Giftgassprengköpfe unbrauchbar machen. Bis Mitte 2014 sollen dann sämtliche Chemiekomponenten sowie bereits fertig angemischtes oder in Waffen versiegeltes Kampfgas unschädlich gemacht sein – „schätzungsweise 1000 Tonnen, gefährlich zu handhaben, gefährlich zu transportieren und gefährlich zu zerstören“, wie Ban Ki-Moon schreibt.

Technische Hilfe aus Deutschland

Die USA haben bereits angeboten, eine hochmoderne, mobile Verbrennungsanlage zu liefern. Auch Deutschland und Russland wollen technische Hilfe beisteuern. Noch sind die Kontrolleure mit der Kooperationsbereitschaft von Damaskus zufrieden, ohne sich Illusionen zu machen. „Auch wenn wir einen konstruktiven Start hatten, vor uns liegt ein langer und schwieriger Weg“, erklärte OPCW-Generaldirektor Ahmet ÜzümcÜ.

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Jahrzehntelang war Syriens Giftgas-Arsenal für die Welt ein Rätsel und für das Regime ein absolut gehütetes Geheimnis. Erstmals im Juni 2012 räumte ein Sprecher Assads die Existenz dieser Waffen offiziell ein. Die Anfänge des Programms reichen zurück bis in die siebziger Jahre, als Ägypten seinem Verbündeten kleinere Mengen an Chemiewaffen überließ. In den 80er-Jahren baute Damaskus sein Arsenal kräftig aus, auch wenn es stets von ausländischen Technologieimporten und chemischen Rohstofflieferungen abhängig blieb.

Zunächst schickten die Sowjetunion und die Tschechoslowakei die Giftgasgeschosse und organisierten das Training im Umgang mit den gefährlichen Waffen. Nach Ende des Kalten Krieges beteiligten sich dann auch westliche Firmen an dem lukrativen Geschäft mit den dubiosen Chemikalien.