Den Haag. Ohne kurze Feuerpausen zwischen Rebellen und Regierung in Syrien seien die Abrüstungsziele kaum zu erreichen: Die Experten, die die Chemiewaffenbestände zerstören sollen, sehen durch den Bürgerkrieg ansonsten große Gefahren. Rund 20 Orte wollen die Inspektoren nun untersuchen.
Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) hat Feuerpausen für die Arbeit der Waffeninspekteure in Syrien gefordert. Um die Vorgaben zur Zerstörung des syrischen Chemiewaffen-Arsenals erfüllen zu können, müsse es "zeitlich begrenzte Feuerpausen" geben, sagte OVCW-Generalsekretär Ahmed Üzümcü am Mittwoch in Den Haag. Der Zeitplan sei "äußerst eng".
Die internationalen Chemiewaffenkontrolleure wollen in Syrien in den kommenden Wochen rund 20 Orte überprüfen. Die Mission zur Erfassung und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen komme bislang gut voran, so dass ihr Abschluss bis Mitte 2014 realistisch erscheine, sagte Üzümcü vor Reportern. Voraussetzung sei, dass die internationale Unterstützung für die Mission wie geplant erfolge. Syriens Behörden seien bisher "recht kooperativ".
Ein weiteres Team soll die Inspekteure bald verstärken
Der UN-Sicherheitsrat hatte Ende September eine Resolution verabschiedet, wonach die Produktionsstätten zur Herstellung von Chemiewaffen bis zum 1. November und das komplette Arsenal bis Mitte 2014 zerstört werden sollen. Damit reagierte der Sicherheitsrat auf einen Angriff mit Sarin, bei dem am 21. August in einem Vorort von Damaskus hunderte Menschen getötet worden waren.
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Die ersten 20 internationalen Experten, welche die syrischen Chemiewaffen-Bestände erfassen und zerstören sollen, hatten am 1. Oktober ihre Arbeit aufgenommen. Die OVCW will sie in Kürze mit einem weiteren Team verstärken. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte am Montag in einem Bericht für den UN-Sicherheitsrat vor den "beispiellosen Gefahren" gewarnt, denen die Waffeninspekteure in Syrien ausgesetzt seien.
Finanzierung der Waffenvernichtung ist noch unklar
Zu den noch ungeklärten Fragen gehöre die Finanzierung der Waffenvernichtung. Normalerweise müsse sie das jeweils betroffene Land übernehmen. Syrien könne damit Probleme haben, so dass über die Schaffung eines internationalen Fonds nachgedacht werden müsse.
Bislang haben OPCW-Experten in Syrien Chemiewaffen an einem Ort untersucht, ein weiterer sollte noch am Mittwoch folgen. Ein zweites Team von Inspekteuren soll die erste Gruppe von 20 Experten in Kürze verstärken, hatte Üzümcü am Dienstag ankündigt.
Die Bundesregierung schließt derweil die Entsendung deutscher Inspektoren in einen Einsatz zur Vernichtung der syrischen Chemiewaffen nicht ausdrücklich aus. "Darüber will ich hier zum jetzigen Zeitpunkt nicht spekulieren", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch auf die Frage, ob eine Beteiligung deutscher Fachleute an dem UN-Einsatz möglich sei.
Proben waren offenbar auch in Deutschland untersucht worden
Deutschland verfügt über große Expertise bei der Untersuchung und Zerstörung von Chemiewaffen. Das Wehrwissenschaftliche Institut für Schutztechnologien (WIS) der Bundeswehr in Munster hatte bereits vor einigen Wochen nach Angaben aus Sicherheitskreisen einen Teil der UN-Proben nach dem Giftgasangriff in Damaskus untersucht. Das Institut betreibt eines der auf der ganzen Welt verteilten Referenzlabore im Rahmen der Chemiewaffen-Konvention.
Deutschland hatte in der Vergangenheit bereits seine Hilfe bei der Vernichtung des C-Waffenarsenals angeboten. Zudem hat das Auswärtige Amt der OPCW für den Einsatz in Syrien zwei Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Gemeinsam mit dem Verteidigungsministerium will es nach Angaben des Sprechers auch einen Lehrgang für die zivilen Inspektoren organisieren. Dies geschehe auf Bitten der OPCW, nachdem die Inspektoren bei ihrem ersten Einsatz unter Beschuss geraten waren. (afp/dpa/rtr)