New York. Zeitaufwändig und äußerst gefährlich: Zur Vernichtung der Chemiewaffen in Syrien hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon einen Bericht vorgelegt. Bis zu einem Jahr würden rund 100 Waffeninspekteure brauchen. Die Experten müssten “Frontlinien überqueren“ und stünden bewaffneten Gruppen gegenüber.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hält den Einsatz von rund einhundert Waffeninspekteuren in Syrien für notwendig, um die Zerstörung der syrischen Chemiewaffen zu überwachen. Eine gemeinsame Mission der Vereinten Nationen und der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OVCW) werde bis zu ein Jahr Zeit für ihren äußerst gefährlichen Auftrag benötigen, erklärte Ban in einem am Montag (Ortszeit) dem UN-Sicherheitsrat in New York übergebenen Bericht.
Ban warnte vor den "beispiellosen Gefahren", denen die Waffeninspekteuere ausgesetzt sein würden. Die Experten müssten "Frontlinien überqueren und in einigen Fällen Gebiete, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, die dieser gemeinsamen Mission gegenüber feindlich eingestellt sind". Die zu zerstörenden Chemiewaffen seien "gefährlich zu handhaben, gefährlich zu transportieren und gefährlich zu zerstören", fügte Ban hinzu.
In städtischen Gebieten wie Damaskus, Homs und Aleppo wird es gefährlich
Vor allem in städtischen Gebieten wie Damaskus, Homs und Aleppo würden die internationalen Spezialisten unter "gefährlichen und unberechenbaren Konditionen" arbeiten müssen. "Schwerer Artilleriebeschuss, Luftangriffe, Mörserfeuer und der wahllose Beschuss von Gebieten, die von Zivilisten bewohnt sind, sind alltäglich und die Gefechtlinien verschieben sich schnell", warnte Ban.
In dem Papier, das die möglichen Grundlagen der geplanten Mission aufzeichnet, schlägt Ban einen gemeinsamen Einsatz der UN und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) vor. Das 100-köpfige Personal soll sich auf beide Organisationen verteilen. Die OPCW werde die "technische Führung" übernehmen, die UN die "strategisch koordinierende Rolle". Ein Leiter der gemeinsamen Mission solle noch ernannt werden.
Bei den von Ban skizzierten Grundlagen handelt es sich zunächst um Vorschläge. Bevor diese umgesetzt werden könnten, müssten sie vom Sicherheitsrat in eine Resolution gegossen und verabschiedet werden. Die Einsatzzentrale der Mission von UNO und OVCW solle in der syrischen Hauptstadt Damaskus sein, das Basislager in Zypern. Bis zum 30. Juni 2014 solle der Einsatz der Wissenschaftler, Logistik- und Sicherheitsexperten beendet sein. Zugleich erklärte der UN-Generalsekretär, selbst unter "den friedlichsten und gutartigsten Bedingungen" wäre der Zeitplan "ambitioniert".
Experten haben sich freiwillig gemeldet
Ban nannte als seine "zwei obersten Prioritäten" die Zerstörung des syrischen Chemiewaffenprogramms und die Sicherheit der Experten der Mission aus UNO und OVCW, die sich freiwillig für diese Aufgabe gemeldet hätten.
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Derzeit ist ein kleines Team von rund 20 internationalen Experten in Syrien. Am Sonntag zerstörten sie die ersten Raketensprengköpfe, Bomben und Ausrüstung zum Mischen und Abfüllen von Chemikalien. Das syrische Chemiewaffen-Arsenal, unter anderem Sarin und Senfgas, wird auf tausend Tonnen geschätzt, verteilt auf landesweit 45 Standorte.
Prozess hat "in Rekordzeit" begonnen, loben die USA
Am Montag hatten die USA die Kooperationsbereitschaft der syrischen Regierung bei der Vernichtung ihres Chemiewaffenarsenals gelobt. Der Prozess habe "in Rekordzeit" begonnen, sagte US-Außenminister John Kerry am Rande des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC) in Indonesien.
Der UN-Sicherheitsrat hatte Ende September eine Resolution verabschiedet, wonach das syrische Chemiewaffenarsenal bis Mitte 2014 vernichtet werden soll. Bis 1. November sollen demnach die Produktionsstätten zur Herstellung von Chemiewaffen zerstört werden. Mit der Resolution reagierte der Sicherheitsrat auf einen Angriff mit Saringas, bei dem am 21. August in einem Vorort von Damaskus hunderte Menschen getötet worden waren.
Im Nordwesten Syriens begannen Rebellen am Montag eine Großoffensive gegen zwei strategisch wichtige Armeestützpunkte. Der unter dem Namen "Erdbeben" laufende Einsatz richte sich gegen die Lager Wadi Deif und Hamidije in der Provinz Idleb, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Dabei seien mindestens zehn Soldaten getötet und drei Panzer zerstört worden, zudem hätten die Aufständischen vier Soldaten gefangen genommen. Auch mindestens vier Rebellen seien getötet worden. (afp/dpa)