Kundus. Es ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg raus aus Afghanistan: Die Bundeswehr übergibt das Feldlager in Kundus an die afghanischen Sicherheitskräfte. Zur feierlichen Zeremonie sind gleich zwei Minister aus Deutschland angereist. Zur Räumung des Lagers bleiben nur wenige Wochen.
Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sind im Bundeswehr-Feldlager im nordafghanischen Kundus eingetroffen, um das Camp an die afghanischen Sicherheitskräfte zu übergeben. Nach zehn Jahren endet damit offiziell der Einsatz deutscher Soldaten in der gefährlichsten Region Nordafghanistans.
De Maizière (CDU) sagte, der Einsatz sei eine Zäsur für die Bundeswehr und die deutsche Gesellschaft gewesen. "Kundus, das ist für uns der Ort, an dem die Bundeswehr zum ersten Mal gekämpft hat, lernen musste, zu kämpfen", erklärte er. "Auch wenn die Bundeswehr Kundus heute verlässt: Vergessen werden wir diesen Ort niemals."
"Wir kehren den Menschen in Afghanistan nicht den Rücken"
Westerwelle betonte, dass sich das deutsche Engagement in Afghanistan bisher gelohnt habe und weiter fortgesetzt werde. "Vieles ist heute besser in Afghanistan, aber noch lange ist nicht alles gut", sagte der FDP-Politiker. "Wir kehren den Menschen in Afghanistan nicht den Rücken."
Derzeit sind noch etwa 4000 deutsche Soldaten in Afghanistan, 900 davon in Kundus. Zum Monatsende sollen sie das Lager komplett geräumt haben, das dann von der afghanischen Armee und Polizei genutzt wird. Der Bundeswehr bleibt dann in Nordafghanistan nur noch ihr Hauptquartier in Masar-i-Scharif. Kundus habe die Bundeswehr geprägt wie kaum ein anderer Ort, sagte de Maizière "Hier wurde aufgebaut und gekämpft, geweint und getröstet, getötet und gefallen."
An der Übergabezeremonie werden auch der afghanische Verteidigungsminister Bismillah Chan Mohammadi und Innenminister Umer Daudsai teilnehmen. De Maizière und Westerwelle reisten erstmals gemeinsam nach Afghanistan, um die Bedeutung der Übergabe des Feldlagers zu unterstreichen. Westerwelle ist nach dem Ausscheiden der FDP aus dem Bundestag nur noch bis zur Bildung einer neuen Regierung im Amt.
Noch am Sonntagmorgen Gefechte in Kundus
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Die Zeremonie findet unter massiven Sicherheitsvorkehrungen statt. Die afghanischen Soldaten und Polizisten dürfen nur mit entladenen Waffen daran teilnehmen. Der Grund: In der Vergangenheit hat es immer wieder tödliche Angriffe von afghanischen Sicherheitskräfte auf Mitglieder der internationalen Schutztruppe Isaf gegeben. In einem Bundeswehrlager in der Provinz Baghlan waren 2011 drei Bundeswehrsoldaten von einem einheimischen Soldaten erschossen worden.
Am Sonntagmorgen kam es in Kudus zu Gefechten zwischen Taliban-Kämpfern und der Polizei. Aufständische hätten einen Mitarbeiter der bürgerwehrähnlichen Lokalpolizei ALP im Distrikt Char Darah angegriffen und getötet, sagte Distrikt-Gouverneur Salmai Faroki der Nachrichtenagentur dpa. Ein Bundeswehr-Sprecher in Kundus sagte, deutsche Soldaten seien nicht beteiligt.
Die Schließung des deutschen Feldlagers in Kundus ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg der Bundeswehr raus aus Afghanistan. Der Nato-Kampfeinsatz läuft Ende kommenden Jahres aus. Unter dem Namen "Resolute Support" (Entschlossene Unterstützung) plant die Nato eine kleinere Nachfolgemission, an der sich Deutschland mit bis zu 800 Soldaten beteiligen will.
Sicherheitslage hat sich in den vergangenen Monaten verschlechtert
Der Abzug der einst bis zu 5350 Bundeswehrsoldaten aus Afghanistan hatte vor knapp zwei Jahren begonnen. In Kundus waren zu Spitzenzeiten 1420 deutsche Soldaten. Nach der Übergabe des Camps an die Afghanen soll die Bundeswehr ein abgeriegeltes Areal behalten, das sie als Basis etwa bei Einsätzen zur Unterstützung der afghanischen Sicherheitskräfte in der Region nutzen könnte. In diesem abgesperrten Bereich sollen bis zu 300 Soldaten unterkommen können. Dort werden aber keine deutschen Truppen dauerhaft stationiert.
Die Sicherheitslage in Kundus ist angespannt und hat sich in den vergangenen Monaten wieder verschlechtert. Insgesamt kostete der Afghanistan-Einsatz bislang 54 Bundeswehr-Soldaten das Leben, 35 davon starben bei Angriffen und Anschlägen. Die meisten Deutschen fielen in Kundus und der Nachbarprovinz Baghlan. (dpa)