New York. Eine UNO-Resolution, die Syrien zur Vernichtung seiner Chemiewaffen-Bestände zwingt, rückt näher: Die fünf Vetomächte haben sich nach Diplomatenangaben auf “Hauptpunkte“ für einen Resolutionsentwurf geeinigt. In einigen Punkten besteht demnach aber noch keine Einigkeit.
Die Bemühungen um eine UN-Resolution zur Vernichtung des syrischen Chemiewaffenarsenals machen Fortschritte. Die fünf UN-Vetomächte verständigten sich in New York auf "Hauptpunkte" eines Resolutionsentwurfs, wie die Nachrichtenagentur AFP am Mittwoch aus Diplomatenkreisen erfuhr. Aus dem russischen Umfeld verlautete aber, dass die Diskussionen über "bestimmte wesentliche Punkte" noch nicht abgeschlossen seien. Die Chemiewaffenexperten der UNO sind unterdessen nach Syrien zurückgekehrt.
Ein westlicher Diplomat sagte AFP am Rande der UN-Generaldebatte, dass in dem Resolutionsentwurf die Möglichkeit von Strafmaßnahmen nach Kapitel VII der UN-Charta erwähnt würden. Allerdings enthalte die Kompromissfassung keine unmittelbare Sanktionsdrohung gegen die syrische Führung um Machthaber Baschar al-Assad. Ein anderer Diplomat schränkte ein, dass trotz "großer Fortschritte" noch Differenzen bestünden. "Die Verhandlungen müssen fortgesetzt werden", sagte er.
Syriens Staatschef Assad fürchtet US-Angriff noch immer
Syriens Staatschef Assad schloss ungeachtet der diplomatischen Bemühungen einen Militärangriff der USA weiterhin nicht aus. Es bestehe noch immer die Gefahr, dass die USA einen Militärschlag gegen Syrien verübten, "sei es unter dem Vorwand von Chemiewaffen oder unter einem anderen Vorwand", sagte er dem venezolanischen Fernsehsender Telesur.
Der Westen und Russland ringen im Sicherheitsrat seit Tagen um eine Resolution, mit der eine Beseitigung der syrischen Chemiewaffenbestände unter internationaler Aufsicht durchgesetzt werden soll. Moskau sperrte sich dabei gegen einen Entwurf, der Syriens Führung mit Strafmaßnahmen droht. US-Präsident Barack Obama forderte in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung erneut eine "starke" Sicherheitsratsresolution.
1400 Menschen starben bei Giftgasangriff
Die USA werfen Assads Truppen vor, bei einem Giftgasangriff Ende August bei Damaskus mehr als 1400 Menschen getötet zu haben. Das mit Assad verbündete Russland sieht die Verantwortung dagegen bei den Aufständischen, die seit Frühjahr 2011 gegen die Regierung in Damaskus kämpfen. Am Mittwoch waren die Außenminister der Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in New York zu Gesprächen über die Syrien-Krise zusammengekommen. Ban hatte immer wieder die "beschämende Blockade" des Sicherheitsrats im Syrien-Konflikt gerügt.
Bei dem Treffen sei es um die geplante Vernichtung der syrischen Chemiewaffen gegangen, sagte Bans Sprecher Martin Nesirky. Außerdem hätten sich die Chefdiplomaten über einen möglichen Termin für eine Syrien-Friedenskonferenz ausgetauscht. "Der Generalsekretär und die Minister haben die Bedeutung stärkerer Bemühungen unterstrichen, um die humanitäre Krise in Syrien und in den Nachbarländern beizulegen", sagte Nesirky.
Zwei Millionen Flüchtlinge haben Syrien verlassen
Im Syrien-Konflikt sind nach Schätzungen der UNO bisher weit mehr als 100.000 Menschen ums Leben gekommen. Fast sieben Millionen Betroffene des syrischen Bürgerkriegs sind demnach auf Nothilfe angewiesen. Darunter seien allein zwei Millionen Flüchtlinge außerhalb Syriens und mehr als vier Millionen Vertriebene innerhalb des Landes.
Unterdessen sind die Chemiewaffenexperten der Vereinten Nationen nach Syrien zurückgekehrt, um den Einsatz der international geächteten Waffen im Bürgerkrieg zu untersuchen. Die UN-Experten sollen etwa ein Dutzend Fälle untersuchen. Ein Bericht zu diesen Vorwürfen soll möglicherweise bis Ende Oktober vorgelegt werden. Bei ihren Untersuchungen Ende August hatten die Experten "klare und überzeugende" Beweise für den Einsatz des Nervengases Sarin mit Boden-Boden-Raketen entdeckt. (afp)