London. . Ribal al-Assad ist der Cousin des syrischen Despoten Baschar Assad, aber er steht auf der anderen Seite. Der 38-Jährige lebt im Exil. Er setzt sich für Freiheit und Demokratie in seinem Heimatland ein – und begibt sich und seine Eltern damit in permanente Gefahr.

Kaum ein Familienname bringt eine so große Bürde mit sich: Ribal al-Assad, 38 Jahre, hat miterlebt, wie jene fünf Buchstaben seine Kindheit, seine Heimat und seinen Alltag bestimmt haben. Der Cousin des brutalen syrischen Despoten lebt heute im Exil in London, kämpft für einen demokratischen Wandel in Syrien. Leicht hat es das weiße Schaf der Familie nicht.

Jeden Tag sieht Ribal al-Assad die Bilder seines Cousins Baschar in den Nachrichten. Er sieht, wie er seine Heimat zerstört, Menschen hinrichten lässt, er spürt selbst seine Furcht – nicht vor den Bomben des US-Präsidenten, sondern vor einem Attentat aus dem eigenen, inneren Zirkel. Als Spross der syrischen Herrscherfamilie kennt er die Gedankenwelt des Staatschefs und das politische Mosaik des Landes besser als jeder andere. Wären seine Eltern nicht mit ihm geflohen, als er neun Jahre alt war, könnte Ribal heute selber mächtige Ämter bekleiden. Doch der 38-Jährige kämpft auf der anderen Seite.

Dunkler Anzug, sanfter Tonfall, internationaler Schliff

Für die „Organisation für Demokratie und Freiheit in Syrien“ ist Ribal al-Assad als Ein-Mann-Blauhelm-Truppe unterwegs: Zuletzt hat er vor dem US-Kongress gesprochen, im britischen Unterhaus, in China, Indien und Südkorea. Seine Botschaft: Stellt den Menschen in Syrien eine Konferenz in Aussicht, bei der alle Oppositionsgruppen demokratische Strukturen für das Land festlegen – Parteien, Wahlen, politische Programme.

„Die Mehrheit im Land unterstützt sonst trotz aller Brutalität den Präsidenten“, erklärt er, „nicht, weil sie ihn schätzen, sondern weil sie den bekannten Teufel nicht durch einen unbekannten ersetzen wollen.“ Längst unterwandern Islamisten die Rebellenbewegung, begehen auch Rebellen Folter und Gräueltaten. „Die Sehnsucht in Syrien nach Demokratie ist so groß wie die Furcht, dass sie von den Falschen gekapert wird.“

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Dunkler Anzug, perfektes Englisch, sanfter Tonfall – Ribal al-Assad hat an Schulen und Unis in Frankreich, Großbritannien und den USA den internationalen Schliff bekommen. Unfreiwillig – denn die Familie ist seit dem Gang ins Exil ständig umgezogen. „In die Schule haben uns Leibwächter begleitet“, so Ribal, „unser Quartier lag hinter Mauern und Sandsäcken, weil jemand versucht hatte, einen Lkw in unser Haus zu rammen.“

1994 hat er bei einem Besuch in Damaskus nur knapp ein Attentat am Flughafen überlebt. Sein Elternhaus wurde zerbombt – immerhin mit Vorankündigung. Seitdem kann Ribal al-Assad nicht mehr in seine Heimat fliegen, nicht einmal um seine Schwester zu beerdigen, die vor drei Monaten gestorben ist. „Jetzt im Krieg ist mein Wunsch, dort zu sein, noch größer als zu Friedenszeiten“, so Assad.

Der Cousin hat keine Lust auf Macht

Seinen Job als Direktor des Londoner Arab News Network, einem Sender, der ohne die Propaganda arabischer Regierungskanäle auskommt, hat er 2009 geschmissen. Auch hier hat er gegen findige Regime-Anhänger kämpfen müssen, die die Ausstrahlung seines Kanals blockierten. „Wir mussten den Satelliten wechseln, um weiter senden zu können“, erinnert er. Tausende Zuschauer gingen ihm so verloren, ein empfindlicher Schlag im Ringen um Sachlichkeit in Syrien. Heute kümmert er sich stattdessen um seine Idee einer großen Konferenz aller demokratisch gesinnten Akteure Syriens – eine Art Parlament in Kinderschuhen. „Es wäre viel geholfen, wenn ein neutrales Land wie Deutschland diese Konferenz ausrichten könnte.“

Er selbst hat keine Lust auf Macht, auch nicht in einem demokratischen Syrien: „Ich will Teil des Wandels sein, ihn endlich einläuten, aber Funktionen interessieren mich nicht.“ Morddrohungen auf seiner Facebook-Seite ignoriert er tapfer: „Ich gebe weiterhin mein Bestes für eine Sache, an die ich wirklich glaube. Das Schicksal entscheidet den Rest.“ Immer in Angst leben, so wie sein Cousin, der Despot, will Ribal al-Assad jedenfalls nicht.