Berlin. .

Zum Rückzug vom Fraktionsvorsitz gab es langen Applaus für Jürgen Trittin, doch bei vielen Grünen-Abgeordneten mischte sich in den Respekt auch große Erleichterung: Mit seinem angekündigten Verzicht auf das Führungsamt ersparte der glücklose Spitzenkandidat Trittin seiner Partei einen längeren Personalstreit.

Nun ist der Weg frei für den lange erwarteten Generationswechsel, nur wenige Tage nach dem enttäuschenden Wahlausgang: Zuvor hatten schon Co-Fraktionschefin Renate Künast und Parteichefin Claudia Roth angekündigt, dass sie sich aus der Führung zurückziehen.

Neue Fraktionsvorsitzende könnten am 8. Oktober Katrin Göring-Eckardt und der Verkehrsexperte Anton Hofreiter werden. Als Parteichef will im November Cem Özdemir wieder antreten, als Co-Vorsitzende ist unter anderem Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke im Gespräch.

Es ist die Generation der Mitt-Vierziger, die jetzt führen soll. Die End-Fünfziger gehen nicht ganz freiwillig: Trittin lasten viele Grüne die Wahlniederlage an. Er war der Hauptverantwortliche des Steuerkonzeptes, das Wahlforscher als eine Ursache des Debakels sehen. Trittin trimmte die Grünen auch auf einen Linkskurs, der sich nicht auszahlte. Sein früherer Rivale Joschka Fischer nannte Trittins Strategie gestern einen „fatalen Fehler“ und rechnete auch sonst gnadenlos mit der alten Führung ab („immer noch nicht erwachsen“). Trittin indes begründete seinen Rückzug allein damit, dass eine neue Generation die Grünen in den Wahlkampf 2017 führen solle.

Führungswechsel kurz vor Gesprächen mit Merkel

Ähnlich einsilbig erläuterten die anderen Spitzenkräfte ihren Rückzug. Dass sich Roth und Künast seit gestern einen öffentlichen Konkurrenzkampf um den gut dotierten Posten des Bundestags-Vizepräsidenten liefern, wirkt freilich etwas panisch. Rette sich, wer kann: Es ist wohl auch ein Fingerzeig darauf, dass vom Spitzen-Personal keiner mit Schwarz-Grün und entsprechenden Ministerämtern rechnet.

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Der Führungswechsel beginnt kurz vor den Sondierungsgesprächen, zu denen die Kanzlerin die Grünen wohl einladen wird. Da wird noch die alte Spitze bei Merkel aufmarschieren, richtig sortiert sind die Grünen also nicht. Können Sie jetzt auch Schwarz-Grün? Göring-Eckardt war lange Zeit offen war für Bündnisse mit der Union. Gleiches gilt für Parteichef Cem Özdemir. Aber selbst der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann, ein prominenter Befürworter von Schwarz-Grün, sieht dafür diesmal kaum Chancen.

Wohin es die Partei bei ihrer von Göring-Eckardt beschworenen „Neuorientierung“ zieht, ist völlig offen.