Moskau/Damaskus. US-Präsident Barack Obama hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, den russischen Vorschlag zur Kontrolle über syrische Chemiewaffen zu prüfen. Zuvor hatte der syrische Außenminister bekräftigt, dass Syrien hat dem russischen Vorschlag zur Kontrolle seiner Chemiewaffen zugestimmt habe.

US-Präsident Barack Obama hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, den russischen Vorschlag zur Kontrolle über syrische Chemiewaffen zu prüfen. Das sagte ein Sprecher des Weißen Hauses am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa. Zuvor hatte die syrische Regierung nach eigenen Angaben dem Vorschlag zugestimmt, ihre Chemiewaffenbestände unter internationale Kontrolle zu stellen.

Damaskus habe sich bereits am Montagabend mit der russischen Initiative einverstanden erklärt, sagte der syrische Außenminister Walid al-Mualem, der sich in Moskau aufhält, laut Berichten russischer Nachrichtenagenturen vom Dienstag. Die US-Regierung, die einen Militärschlag wegen eines mutmaßlichen Chemiewaffeneinsatzes durch Damaskus vorbereitet, hatte sich am Montag offen für den russischen Vorschlag gezeigt.

"Gestern hatten wir eine Runde sehr fruchtbarer Gespräche mit (Russlands Außenminister) Sergej Lawrow, der die Initiative zu Chemiewaffen vorbrachte", sagte al-Mualem nach einem Treffen mit dem Sprecher des russischen Unterhauses laut Agenturen. "Und schon am Abend haben wir der russischen Initiative zugestimmt." Der syrische Außenminister sagte weiter, der Vorschlag werde "der amerikanischen Aggression den Boden entziehen".

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Westliche Staaten werfen Syriens Staatschef Baschar al-Assad vor, für einen Giftgasangriff mit hunderten Toten nahe Damaskus verantwortlich zu sein. Die USA und Frankreich haben deswegen einen Militärschlag gegen Assad angedroht. US-Präsident Barack Obama hatte sich am Montagabend aber offen für den russischen Vorschlag gezeigt, die Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen und darauf zu zerstören. Frankreich will dazu noch am Dienstag eine Resolution im UN-Sicherheitsrat einbringen.

Obama wertet Syrien-Vorschlag auch als Erfolg der USA

Obama wertet die jüngsten diplomatischen Entwicklungen in der Syrien-Krise auch als Erfolg seiner Politik. "Dieser potenzielle diplomatische Durchbruch kam wegen der glaubwürdigen Drohung mit einem Eingreifen der USA zustande", sagte Präsidialamtssprecher Jay Carney am Dienstag. Obama werde dies in seiner Rede am Dienstagabend (21 Uhr Ostküstenzeit, Mittwoch 3 Uhr MESZ) auch so darlegen. Der von Russland vorgebrachte Vorschlag sei in der vergangenen Woche zwischen Obama und seinem russischen Kollegen Wladimir Putin sowie später von den Außenministern diskutiert worden. Er sei damit "ein Nebenprodukt des von Obama angeführten Vorstoßes für einen Angriff".

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Russland hatte eine Bemerkung von US-Außenminister John Kerry zu Syriens Chemiewaffen aufgegriffen und als Vorschlag zur Lösung der Krise präsentiert. Obama hat auf einen Militärschlag gegen Syriens Präsident Baschar al-Assad gedrungen als Strafe für einen mutmaßlichen Giftgas-Angriff der syrischen Regierung. Assad weist die Vorwürfe zurück. In den USA sieht sich Obama mit skeptischen Abgeordneten und der ablehnenden Haltung in der US-Bevölkerung konfrontiert.

Studie: Hinweise auf Giftgaseinsatz durch syrische Regierung

Unterdessen hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mitgeteilt, sie habe deutliche Hinweise darauf gefunden, dass die syrische Regierung für den Giftgaseinsatz in Vororten von Damaskus verantwortlich ist. Dafür seien Trümmer von Raketen untersucht worden, die nur im Besitz der syrischen Armee dokumentiert seien, eilte Human Rights Watch am Dienstag in New York mit.

"Diese Indizien deuten klar darauf hin, dass syrische Regierungstruppen an diesem schrecklichen Morgen Raketen mit chemischen Sprengköpfen auf die Vororte von Damaskus abgeschossen haben", sagte der Autor der Studie, Peter Bouckaert.

Bei dem Giftgaseinsatz am 21. August waren Hunderte Menschen gestorben, darunter viele Kinder. Die 22 Seiten lange Studie dokumentiert Vorfälle an zwei Orten. Außer Raketentrümmer werteten die Menschenrechtler auch Zeugenaussagen und Symptome der Opfer aus.

Israel reagiert mit Skepsis auf Syrien-Kompromissvorschlag

Israel hat mit Skepsis auf den russischen Kompromissvorschlag reagiert, der einen Militärschlag in Syrien verhindern soll. Ein Sprecher des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu wollte sich am Dienstag nicht offiziell äußern. Namentlich nicht genannte Regierungsvertreter sagten israelischen Rundfunksendern jedoch, der Vorschlag müsse mit "großem Misstrauen" behandelt werden.

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Ein israelischer Repräsentant sagte dem Armeesender, Israel wolle sich zwar nicht in den Konflikt einmischen. "Die USA sollten diesen Kompromissvorschlag jedoch eingehend prüfen", sagte er. Man müsse sicherstellen, dass es sich nicht nur um eine Finte der Russen und Syrer handele, um einen Militärschlag zu verhindern oder aufzuschieben. "Es ist noch zu früh, die Sektflaschen zu öffnen", sagte der Regierungsvertreter.

Sollte sich der syrische Präsident Baschar al-Assad aber durch eine militärische Drohung zur Aufgabe seines Chemiewaffenprogramms bewegen lassen, könnte dies als Vorbild für den Streit um das iranische Atomprogramm genommen werden, meinte der israelische Repräsentant.

Staatspräsident Schimon Peres sagte am Montagabend bei einer Tagung in Tel Aviv, Assads Regime habe "bewiesen, dass es unzuverlässig und nicht vertrauenswürdig ist". (afp/rtr/dpa)