Neuss. . In Neuss betrieben deutsche und amerikanische Fahnder eine gemeinsame Datenbank, um islamistische Terroristen und Unterstützer zu jagen. Der Vefrassungsschutz betont, bei dem “Projekt 6“ sei juristisch alles mit rechten Dingen zugegangen.

Deutsche Geheimdienste haben offenbar jahrelang mit dem US-Auslandsgeheimdienst CIA eine gemeinsame Datenbank mit Informationen zu Terrorverdächtigen betrieben. Dabei seien Daten von mutmaßlichen Dschihadisten und Terrorunterstützern gesammelt worden, berichtete das Magazin "Der Spiegel" am Sonntag. Politiker von FDP und Grünen forderten von der Bundesregierung Aufklärung über das Projekt.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigte die Zusammenarbeit im sogenannten "Projekt 6". Von 2005 bis 2010 hätten der Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst (BND) und die CIA in diesem Projekt zusammengearbeitet. Zum Inhalt der Kooperation machte das Amt keine Angaben. Nach Informationen des "Spiegel" war das Ziel des Projekts, das Umfeld von Islamisten aufzuklären und Informationen über Personen aus dem islamistischen Milieu zu sammeln, um sie als Informanten anwerben zu können.

Demnach mieteten die drei Geheimdienste 2005 für das Projekt Räume in der Innenstadt von Neuss an. Später sei die Gruppe in die Zentrale des Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln umgezogen.

Bundesdatenschutzbeauftragter nicht informiert

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar wusste nach eigenen Angaben nichts von dem Projekt: "Mir ist eine solche Datenbank nicht bekannt, und auch nicht im Rahmen einer Dateianordnung gemeldet worden", sagte Deutschlands oberster Datenschützer dem "Spiegel".

Ein Konstrukt wie "Projekt 6" ist nach Schaars Ansicht "mindestens vergleichbar mit der Anti-Terror-Datei", einer Datensammlung über verdächtige Terrorstrukturen, auf die Dutzende deutsche Behörden seit 2007 Zugriff haben. "Wer ein solches Projekt betreibt, müsste auf jeden Fall gewährleisten, dass sämtliche Aktivitäten vollständig protokolliert werden und einer datenschutzrechtlichen Kontrolle unterworfen sind", sagte Schaar.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz versicherte am Sonntagnachmittag in einer Erklärung, dass "alle Datenübermittlungsvorschriften" eingehalten worden seien. Auch der für die Geheimdienste zuständige Bundestagsausschuss, das Parlamentarische Kontrollgremium, sei unterrichtet gewesen.

Auch Journalist geriet ins Visier der Fahnder

Die FDP-Innenexpertin Gisela Piltz forderte eine "parlamentarische Aufarbeitung" des Projekts. Es müsse geklärt werden, ob die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten worden seien. Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck äußerte den Verdacht, dass es bei dem Projekt eine "gezielte Ausschaltung des Bundesdatenschutzbeauftragten" gegeben habe. Die Bundesregierung müsse sich dazu erklären.

Dem "Spiegel" zufolge geriet auch ein deutscher Journalist in den Fokus der Geheimdienste. Eine geheime US-Anfrage an das "Projekt 6" nenne Passnummer, Geburtsdatum und Namen des NDR-Journalisten Stefan Buchen. Dieser habe sich auf "investigativen Journalismus" spezialisiert und einen islamistischen Prediger im Jemen angerufen. Außerdem habe Buchen mehrfach Afghanistan besucht, schrieb die CIA dem Bericht zufolge.

Der NDR kündigte an, den deutschen Verfassungsschutz und die US-Botschaft um Aufklärung zu bitten. "Noch ist nicht bekannt, ob und inwieweit das Bundesamt Informationen weitergegeben hat", erklärte eine Sprecherin. (afp)