Athen. . Die Lehrer in Griechenland wollen streiken. Ihr Ärger richtet sich gegen den Beschluss der Regierung, rund 2500 Lehrer in die so genannte Mobilitätsreserve zu versetzen, um so die Weisung der Troika zu erfüllen und neue Millionen an Hilfsgeldern aus Europa zu erhalten. Sie müssen sich auf andere Jobs bewerben - etwa im Gesundheitswesen.

Eigentlich soll in der kommenden Woche in Griechenland das neue Schuljahr beginnen. Aber die Pennäler werden ihre ohnehin fast drei Monate dauernden Sommerferien wohl verlängern können und für die Erstklässler dürfte sich der Beginn der Schulzeit verzögern. Denn Griechenlands Lehrer wollen streiken.

Der Ausstand richtet sich gegen den Beschluss der Regierung, rund 2500 Lehrer in die so genannte ­Mobilitätsreserve zu versetzen. Sie sind damit einstweilen beurlaubt, bekommen 25 Prozent weniger ­Gehalt und müssen mit der Ent­lassung rechnen, wenn sie binnen neun Monaten keine andere Stelle im öffentlichen Dienst finden.

Lehrer als Krankenpfleger

Erziehungsminister Konstantinos Arvanitopoulos verspricht, die meisten freigestellten Lehrer sollten im Gesundheitswesen eingesetzt werden. Während es nämlich in Griechenland zu viele Lehrer gibt, fehlt es in den Kliniken an Personal. Ob die Lehrer für den Dienst in den Krankenhäusern qualifiziert sind, ist allerdings eine offene Frage.

Auf Weisung der Troika muss Griechenland bis Ende September 12.500 Staatsbedienstete in die ­Mobilitätsreserve überstellen. ­Weitere 12.500 sollen nächstes Jahr folgen. Außerdem müssen 15.000 Beschäftigte entlassen werden.

Heftiger Widerstand

Die Einschnitte stoßen bei den Betroffenen auf heftigen Widerstand. Nicht nur die Lehrer wollen streiken. Für den 18. und 19. September ruft die Beamtengewerkschaft ­Adedy den öffentlichen Dienst zu landesweiten Streiks auf. Der radikal-linke Oppositionsführer Alexis Tsipras glaubt, dass die konservativ-sozialistische Regierung über diesen Konflikt stürzen wird.

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Ministerpräsident Antonis ­Samaras hat wenig Spielraum. Mitte September wird die Troika wieder in Athen erwartet. Und die Liste der Vorgaben, um die es bei der bevorstehenden Inspektion geht, ist lang. Der Stellenabbau im Staatsdienst ist nur eines von mehreren kontroversen Themen. Die Troika erwartet Auskünfte, wie Athen die Finanz­lücke von vier Milliarden Euro im nächsten Jahr schließen will. Sorge bereitet den Vertretern des Inter­nationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission auch der schleppende Verlauf der Privatisierungen.

Das Arbeits- und Tarifrecht soll liberalisiert werden

In der Brüsseler Kommission gibt es deshalb Überlegungen, die Privatisierung griechischer Staatsimmobilien einer neuen, im Ausland ansässigen Behörde zu übertragen – ein Vorschlag, gegen den sich die Athener Regierung heftig wehrt. Dauerbrenner, die seit Beginn der Krise diskutiert werden, aber immer noch nicht zur Zufriedenheit der Troika gelöst wurden, sind auch die Liberalisierung des Arbeits- und ­Tarifrechts sowie die Öffnung der so genannten geschlossenen Berufe.

Von diesen Deregulierungen verspricht sich die Troika mehr Wett­bewerbsfähigkeit für Griechenland. Auch beim Kampf gegen Korruption und Steuerhinterziehung ­müsse die Regierung mehr tun, ­fordern die Kreditgeber.

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Vom Ergebnis der Troika-Prüfung hängt die Auszahlung einer im ­Oktober erwarteten Kreditrate von einer Milliarde Euro ab. Und nur wenn Griechenland den Rückstand bei den Reformvorgaben aufholt, kann es für die Jahre 2014 bis 2016 mit zusätzlichen Finanzhilfen rechnen, wie sie jetzt im Gespräch sind.

Athen braucht frisches Geld

Die Aussicht auf ein drittes Hilfs­paket sorgt allerdings in Athen für gemischte Gefühle. Einerseits braucht man frisches Geld. Andererseits hat Finanzminister Giannis Stournaras bereits klargestellt, dass daran keine neuen Sparauflagen ­geknüpft werden dürfen, denn die wären politisch kaum durchsetzbar und würden wahrscheinlich zum Sturz der Regierung führen.

Zusätzlich verschärft wird die ­Lage durch neue schlechte Nachrichten: Die dramatische Lage auf dem Arbeitsmarkt in Griechenland wird sich nämlich nicht schnell ­bessern. Bis die Arbeitslosenquote unter die Zehnprozentmarke sinkt, werden mindestens 20 Jahre ver­gehen. Zu dieser düsteren Prognose kommt das gewerkschaftsnahe griechische Institut für Arbeit in seinem jüngsten Halbjahresbericht.