Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt vor einem “Domino-Effekt“ für die Euro-Zone, sollte es zu einem erneuten Schuldenerlass für Griechenland kommen. Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble versicherten am Wochenende, ein zweiter Schuldenschnitt komme für sie nicht infrage.
Die Bundesregierung will die im Wahlkampf hochkochende Debatte über einen neuen Schuldenerlass für Griechenland zulasten der deutschen Steuerzahler möglichst schnell abschließen. Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble versicherten am Wochenende, ein zweiter Schuldenschnitt komme für sie nicht infrage.
Die SPD warf Merkel vor, den Bürgern keinen reinen Wein einzuschenken. "Jeder weiß, das dicke Ende kommt nach der Wahl", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. EU-Energiekommissar Günther Oettinger rechnet damit, dass das Land in den nächsten drei Jahren erneut einen "kleinen zweistelligen Milliardenbetrag." benötigt. Aus Sicht des früheren Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark, ist ein Schuldenschnitt unvermeidbar.
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Merkel sagte dagegen dem Magazin "Focus": "Ich sehe keinen Schuldenschnitt in Griechenland." Auf die Frage, ob sie nach dem 22. September klarer sehe, antwortete sie, die Wahl habe damit nichts zu tun: "Ein Schuldenschnitt könnte einen Dominoeffekt der Verunsicherung auslösen, an dessen Ende die Investitions-Bereitschaft privater Anleger in der Euro-Zone weder gen null geht." Schäuble sagte dem "Mannheimer Morgen: "Es gibt keinen Schuldenschnitt, und wir haben nichts zu verbergen."
SPD-Chef Gabriel warf Merkel vor, "heimlich" zweiten Schuldenschnitt vorzubereiten
SPD-Chef Gabriel warf Merkel vor, "heimlich einen zweiten Schuldenschnitt" vorzubereiten, der "sehr gefährlich" werden könne. Denn damit werde das Versprechen Europas an die Welt-Finanzmärkte gebrochen, dass es sich um eine einmalige Aktion handeln sollte, sagte er der "Welt am Sonntag". Der Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag", dass ein drittes Hellas-Hilfspaket unausweichlich und überfällig sei, pfiffen die Spatzen seit Monaten von den Dächern. Durch ihr wahltaktisches Hinauszögern steigere Merkel die Wahrscheinlichkeit für einen zweiten Schuldenschnitt.
Bundestagswahl 2013Bei einem ersten Schuldenerlass hatten die privaten Gläubiger im Frühjahr 2012 auf über 100 Milliarden Euro und damit rund 53 Prozent ihrer Ansprüche verzichtet. Ein zweiter Forderungsverzicht könnte Deutschland teuer zu stehen kommen, weil die Forderungen mittlerweile vor allem bei den Euro-Partnern, der EZB und beim IWF liegen. Deutschland hatte zum ersten Hilfspaket 15,17 Milliarden Euro beigesteuert. Im Rahmen des zweiten Pakets bürgt der Bund für Kredite des Euro-Rettungsschirms EFSF von 67,8 Milliarden Euro. Ein Teil dieser Summe müsste bei einem Forderungsverzicht abgeschrieben werden.
Ausgelöst hatte die Debatte vergangenen Woche Schäuble, als er bei einer Wahlveranstaltung ohne Wenn und Aber gesagt hatte: "Es wird in Griechenland noch einmal ein Programm geben müssen." Die jetzigen Hilfszusagen laufen Ende 2014 aus. Aus Schäubles Sicht geht es bei einem dritten Paket aber ausschließlich um Hilfen etwa bei der Co-Finanzierung von EU-Strukturfonds, aber keinesfalls um einen weiteren Schuldenerlass. (rtr/dpa)