Athen. Trotz - oder gerade wegen - der Rettungspakete von Euro-Partnern und IWF hat sich die Schuldensituation Griechenlands weiter verschlechtert. Während Kanzlerin und Finanzminister versichern, es werde keinen neuen Schuldenschnitt geben, ist eines sicher: Eine alternative Maßnahme muss gefunden werden, um Griechenland aus dem Schulden-Dilemma zu befreien.
Gebetsmühlenartig wiederholen es Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang Schäuble seit Wochen fast täglich: Einen neuen Schuldenschnitt für Griechenland wird es nicht geben. Nachdem im März 2012 bereits die privaten Gläubiger mit einem Forderungsverzicht zur Kasse gebeten wurden, wären von einem zweiten Schnitt die öffentlichen Gläubiger betroffen, denn die halten inzwischen über 80 Prozent der griechischen Staatsschulden.
Im Klartext bedeutet das: Ein neuerlicher Schuldenschnitt würde zulasten des deutschen Steuerzahlers gehen. Das Thema ist deshalb in Berlin tabu. Zumindest bis zur Bundestagswahl. Danach wird es aber auf die Tagesordnung kommen. Denn immer mehr Experten halten Griechenlands Schuldenlast längst für untragbar.
Dramatische Zahlen
Das sind die Zahlen: 2008, vor Beginn der Krise, beliefen sich Griechenlands Schulden auf 263 Milliarden Euro. Das entsprach 113 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Nach Berechnungen der EU wird der Schuldenberg bis Ende dieses Jahres auf rund 320 Milliarden angewachsen sein. Das sind 175 Prozent vom BIP.
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Die Euro-Partner und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Griechenland mit den 2010 und 2012 geschnürten Rettungspaketen Kredite von insgesamt 240 Milliarden Euro zugesagt. Davon sind bereits 210 Milliarden freigegeben. Trotz, oder besser gesagt: Gerade wegen der Hilfsgelder hat sich Griechenlands Schuldensituation dramatisch verschlechtert.
Dem Land wurden mit den Hilfskrediten nicht nur neue Schulden aufgesattelt. Weil mit dem Rettungsprogramm strikte Sparvorgaben verbunden sind, hat Griechenland mehr als ein Viertel seiner Wirtschaftskraft verloren. Die Folge: Während die absolute Schuldenlast um 21,7 Prozent stieg, verschlechterte sich die Schuldenquote um 55 Prozent.
Schon das zeigt die ganze Fragwürdigkeit eines Rettungskonzepts, das allein aufs Sparen setzt, aber keine Wachstumsimpulse enthält. Auch der Schuldenschnitt vom März 2012 hat unter dem Strich nicht viel gebracht, weil Griechenland sogleich neue Schulden machen musste, um die vom Untergang bedrohten Banken und Sozialkassen zu rekapitalisieren.
Bis zum Jahr 2022 soll Griechenland seine Schuldenquote „substanziell unter 110 Prozent“ drücken, so die Vorgabe der Euro-Finanzminister. Dazu stellte die Euro-Gruppe Griechenland im November 2012 „weitere Maßnahmen und Hilfen“ zur Schuldensenkung in Aussicht, sobald das Land einen Überschuss im Haushalt erzielt. Dies dürfte in diesem Jahr der Fall sein. Damit wird spätestens im Frühjahr 2014 die Frage auf die Tagesordnung kommen, welche Erleichterungen Griechenland gewährt werden sollen.
Ein klassischer Schuldenschnitt erscheint aus heutiger Sicht politisch nicht durchsetzbar. Er würde auch das Vertrauen in den Euro erschüttern und die Kreditaufnahme der Krisenländer an den Finanzmärkten gefährden. Es wäre deshalb besser, von Schuldenerleichterungen zu sprechen.
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Es gibt mehrere Stellschrauben, um Athens Schuldenlast tragbar zu machen. Denkbar wären niedrigere Zinsen und längere Laufzeiten für die bereits ausgezahlten Kredite. Zur Diskussion steht auch, bestimmte, das Wachstum fördernde öffentliche Investitionen zeitlich begrenzt aus dem Defizit und der Verschuldung herauszurechnen.
Verlust für Gläubiger
Eine weitere Möglichkeit wäre, im Rahmen der geplanten Banken-Union die Rekapitalisierung der griechischen Banken, die rund 43 Milliarden Euro kostete, nachträglich auf den Rettungsfonds ESM zu verlagern, der damit Anteilseigner der Banken würde. Die Schuldenquote würde dadurch um rund 23 Prozent sinken.
Man mache sich aber nichts vor: Jede Schuldenerleichterung ist mit Verlusten für die Gläubiger verbunden. Sie verzichten beispielsweise auf Zinsen und warten länger auf die Tilgung. Man mag solche Maßnahmen deshalb als bloße Schuldenkosmetik sehen. Aber im Vergleich zu einem politisch und ökonomisch undiskutablen Schuldenschnitt wäre sie das kleinere Übel. Immer vorausgesetzt, Griechenland soll nicht pleitegehen.