Berlin. . Am Sonntagabend trat SPD-Herausforderer Peer Steinbrück gegen CDU-Kanzlerin Angela Merkel zum TV-Duell an. Wer hat gewonnen? Den stärksten Eindruck machten eher nicht die Politiker, sondern Co-Moderator Stefan Raab.
„Klartext“ habe gewonnen, sagt SPD-Chef Sigmar Gabriel. Das kennt man: Jeder reklamiert den Sieg im TV-Duell für sich, hier die Sozialdemokraten, dort die Merkelianer. Die Zuschauer sind nüchterner: Für sie haben sich Kanzlerin Angela Merkel und ihr Herausforderer Peer Steinbrück fast gleich gut geschlagen.
Kurzweilig ist es. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Die 90 Minuten sind fast vorbei, als die vier Moderatoren zur Aktualität übergehen: zur Krise in Syrien. Ob Deutschland sich an einer US-Strafaktion beteiligen werde, wollen sie von Merkel wissen. „Ja oder Nein?“ Die Kanzlerin nutzt die Chance. Deutschland werde sich daran nicht beteiligen, nicht ohne ein Mandat von UN, Nato oder EU, stellt Merkel klar. Sie setzt sich in Szene.
Raab nörgelt: „Das ist keine Haltung“
Auch Stefan Raab will seinen Punkt machen; der Entertainer ist mit Abstand der auffälligste Moderator, der Exot in dem Quartett. Merkel hat er zuvor nicht gepackt. Jetzt probiert er es mit Peer Steinbrück. Er will von ihm ein Bekenntnis zu einer Großen Koalition hören. Aber der SPD-Mann spielt nicht mit. Raab nörgelt: „Missachten Sie den Wählerwillen? Beantworten Sie doch meine Frage, das ist keine Haltung.“
Duell paradox. Nicht der Herausforderer, Merkel erarbeitet sich von Anfang an Feldvorteile. Sie redet häufiger, auch länger. Die Moderatorin Maybrit Illner kann es an der Uhr ablesen: Das TV-Duell lässt sich einseitig an. Steinbrück muss es geahnt haben. Gleich im Eingangsstatement wendet sich der SPD-Mann an die Fernsehzuschauer: „Lassen Sie sich nicht einlullen.“
Steinbrück lässt eine Vorlage ungenutzt
Steinbrück liefert Argumente. Die Sachhoheit scheint ihm wichtig. RTL-Mann Peter Kloeppel fragt ihn, ob der Strompreis unter einem Kanzler Steinbrück sinken werde. Er antwortet ehrlich, erst mal solle der Preis nicht weiter steigen. Es ist eigentlich eine Vorlage, aber er lässt sie ungenutzt.
Einmal warnt er, die Pensionen nicht besser als die Renten zu gestalten. Schnippisch wirft Merkel ein, Polizisten, Lehrer oder Justizvollzugbeamte sollten jetzt „sehr genau hinhören“. Die Kanzlerin ist giftiger, auch gegenüber den Moderatoren
Merkel findet nach und nach hinein
Stefan Raab sorgt mit seiner betont lockeren Art für Farbe. Er hakt ein, zwei Mal ein. Merkel schüttelt ihn jedes Mal ab: „Herr Raab, das möchte ich gerade jetzt erläutern.“ Es geht um den Mindestlohn, sie erklärt unbeirrt, worin sie sich von Steinbrück unterscheidet. Die Tarifpartner würden mehr als die Politiker von Arbeitsplätzen verstehen – die CDU ist gegen einen gesetzlichen Mindestlohn.
In das Duell findet Merkel nach und nach gefälliger rein. Sie hat es freilich auch leichter. Eine Frage lässt erahnen, dass die Moderatoren dem SPD-Kandidaten keine Chance einräumen – nicht nach seinem Stolperstart. „Tut er Ihnen leid?“, wollen sie von Merkel wissen. Da kann sie den Herausforderer sogar in Schutz nehmen, fast gönnerhaft: „Das hat Peer Steinbrück nicht nötig.“ Jeder in der Politik mache harte Zeiten durch.
Merkel gegen Steinbrück
Farbe bekennt Merkel, wo es ihr passt
Farbe bekennt Merkel nur, wo es ihr passt. Beispiel Pkw-Maut. Sie ist klar dagegen, sie war es immer. Andere Fragen blockt sie ab. Merkel sagt zum Beispiel nicht, wie viele Euro-Hilfen noch für Griechenland fällig werden: „Ich weiß nicht genau, wie sich die Dinge entwickeln.“ Ein typischer Merkel-Satz.
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Die Unterschiede werden bei dem Thema nicht richtig deutlich. Steinbrück sagt nur, „ich hätte eine andere Krisenstrategie verfolgt.“ Er hätte den ärmeren Länder etwas mehr Luft zum Atem gelassen – statt eines Sparprogramms, das sie überfordert. Steinbrück macht seine Punkte: mit Selbstironie. Als er gefragt wird, ob er glaube, dass Politiker genug verdienen, kontert er: „Sie glauben doch nicht, dass ich darauf in meinem Leben noch einmal eingehen werde!“ Die leidige Honoraraffäre lässt grüßen.
Merkel aber hat das letzte Wort. Sie bindet die Sendung auf perfekte Weise ab: „Sie kennen mich“, spricht sie die Zuschauer direkt an. „Wir hatten vier gute Jahre.“ Und dann wünscht sie den Zuschauern „einen schönen Abend“.