Berlin. . Wenige Wochen vor der Bundestagswahl tritt Peer Steinbrück in die heiße Phase des Wahlkampfs ein. In Berlin stellte er nun sein 100-Tages-Programm vor, am Sonntag steht er seiner Kontrahentin Angela Merkel im TV-Duell gegenüber: Was ist seine Taktik, wie will er die Wähler überzeugen?

Zehn Millionen Menschen haben schon einmal SPD gewählt. „Von denen ist der überwiegende Teil im Wartesaal“, sagt Peer Steinbrück. Die will der Kanzlerkandidat abholen. Darum der Wahlkampf, das TV-Duell, das Sofortprogramm, das er gestern vorstellte. Wie gut ist der Mann drauf, wie will er Angela Merkel schlagen?

„Laufen, laufen, laufen“

Er kämpft unverdrossen, „laufen, laufen, laufen, Wahlkampf machen“. Neulich beim „Deutschlandfest“ hat er vor 200 000 Menschen geredet. „Das gibt einen richtigen Kick.“ Er hat Spaß am Wahlkampf: „Bei mir rockt es“.

Ballyhoo in Berlin

Vor der Bundespressekonferenz pumpt er sich auf. Ein Ballyhoo wie vor einem Boxkampf. Die Aussicht auf das TV-Duell mit Merkel muntert ihn auf. Das sehe er „sportlich“, da gehe er „ganz entspannt rein“. Am Sonntag soll man einen angriffslustigen Mann erleben. „Es wird unterhaltsam, es wird nicht langweilig“, verspricht er. Seinen Witz hat er noch lange nicht verloren.

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Steinbrück über Merkels Volten in der Euro-Politik: „Eine große tänzerische Begabung.“ Steinbrück über Merkels Führung: „Wir sind im Kreisverkehr und haben keine Richtung, aber es fährt sich ganz gut“.

Sein Kickstart

Er will einen Politikwechsel und zwar sofort. Ein Programm für die ersten 100 Tage gibt die Prioritäten wieder. Beispiel Rentenreform. Steinbrück will eine „Solidarrente“ auf den Weg bringen. Wer 30 Beitragsjahre bzw. 40 Versicherungsjahre in die Kasse eingezahlt habe, erhält 850 Euro – mehr als die Grundsicherung. Wer 45 Jahre lang versichert war, soll ab dem 63. Lebensjahr abschlagsfrei in den Ruhestand gehen können. Ob er die Rente mit 67 zurücknehmen würde, lässt er offen.

Das Kontrastprogramm

Sein Rentenplan ist ein Unterschied zur CDU. „Die Lebensleistungsrente ist nur ein Plakat“, spottet er über Sozialministerin Ursula von der Leyen. Ein weiteres Beispiel: Der Mindestlohn. Die CDU spricht von einer Lohnuntergrenze. Das! Ist! Nicht! Dasselbe!

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Die SPD will einen flächendeckenden Mindestlohn: 8,50 Euro in der Stunde. Bis Jahresende soll eine rot-grüne Regierung ein Gesetz durchbringen. Die interne Zielmarke: 1. Februar 2014.

Steinbrück will den Spitzensteuersatz anheben 

Zur Ordnung auf dem Arbeitsmarkt gehört auch der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“. Im Schnitt verdienen Frauen 22 Prozent weniger als Männer. Das will die SPD per Gesetz ändern. Gleichzeitig will sie durchsetzen, dass Leiharbeiter nach einer Einarbeitung den gleichen Lohn wie die Stammbelegschaft erhalten.

Klare Kante in der Steuerfrage

Klare Kante gibt es hingegen in der Steuer- und in der Ausländerpolitik. Steinbrück befürwortet die doppelte Staatsbürgerschaft. Bisher müssen sich die Migrantenkinder, die hierzulande geboren wurden, mit dem 23. Lebensjahr für eine Nationalität entscheiden. Klartext spricht er auch in der Steuerfrage. Bekanntlich will die SPD den Spitzensteuersatz von 42 auf 49 Prozent anheben – und zwar ab einem zu versteuernden Einkommen von 100 000 Euro für Singles und 200 000 für Verheiratete. 95 Prozent der Steuerzahler wären davon nicht betroffen, versichert er. Die Mehrwertsteuer-Erleichterung für Hotels – eines der umstrittensten Altlasten von Schwarz-Gelb – würde er rückgängig machen. Für die Verbraucher will er die Stromsteuer um 25 Prozent absenken.

Kein Klartext

Streng genommen redet Steinbrück nur für die SPD. Mit den Plänen der Grünen ist sein Sofortprogramm aber kompatibel. Sein wunder Punkt ist die Machtfrage: Die Linkspartei hält der SPD-Mann für „nicht koalitionsfähig“. Das seien im Grunde drei verschiedene Parteien. Für eine Große Koalition steht er nicht bereit. Mit einer Ampel – SPD, FDP, Grüne – will er sich nicht befassen. Im Moment. Nun hält er es mit Boris Becker. „Wie ist die mentale Aufstellung auf dem Platz?“ Er ist jetzt im Wahlkampf, er will rausgehen, Merkel schlagen. Angefangen mit dem TV-Duell.