Washington. Beim Joggen in einer amerikanischen Kleinstadt wurde der australische Student Christopher Lane erschossen. Australiens ehemaliger Vizepremierminister rät seinen Landsleuten jetzt von Besuchen in den USA ab. Der Staatsanwalt hat zwei Jugendliche wegen Mordes angeklagt.

Bluttaten, bei denen Ausländer Opfer der epidemischen Waffengewalt in Amerika werden, sind in der Regel geräuschlose Angelegenheiten von Botschaften und Konsulaten. Die Heimatländer helfen den Angehörigen bei der Überführung der Leiche und halten sich ansonsten geschlossen. Bei Christopher Lane ist alles anders. Der von drei Teenagern im Alter zwischen 15 und 17 Jahren in Duncan/Oklahoma offenbar aus Langeweile und purer Lust am Töten erschossene Baseball-Stipendiat aus Melbourne hat ganz Australien aufgebracht und eine prominente Reisewarnung ausgelöst.

Tim Fischer, Ex-Vizepremierminister, rät seinen Landsleuten von Besuchen der Vereinigten Staaten ab. Der Politiker machte im Fernsehen die von der Waffen-Lobby „National Rifle Association“ (NRA) propagierte kinderleichte Verfügbarkeit von Waffen in den USA für den Tod des jungen Sportlers verantwortlich. Neben der „Herzlosigkeit“ der Täter.

Für Jennifer Luna ist diese Debatte meilenweit weg. Seit ihr Sohn Chancey Allen von Bezirksrichter Jerry Herberger des Mordes angeklagt worden ist und im Fall einer Verurteilung bis an sein Lebensende hinter Gefängnismauern bleiben wird, ist für die Mutter des von der Polizei als Todesschützen ausgemachten 16-jährigen Schülers eine Welt zusammengebrochen. „Ich kenne meinen Sohn. Der macht so etwas nicht“, hatte sie noch am Wochenende den massenhaft in der 25.000 Einwohner zählenden Kleinstadt südlich von Oklahoma City eingefallenen Journalisten gesagt. Chancey sei wegen einer Erkrankung zwar zuletzt in der Schule zurückgefallen, sagte seine Mutter, aber er wollte sein Leben „in die Hand nehmen“.

Die drei Angeklagten bestreiten die Vorwürfe

Staatsanwalt Jason Hicks glaubt erdrückende Beweise für eine andere Sachlage liefern zu können. Nach ersten Vernehmungen und der Analyse von Überwachungskameras geht die Anklage davon aus, dass es Luna war, der an der Country Club Road aus dem Auto heraus den Abzug des Revolvers vom Kaliber .22 gedrückt hat, als Lane unbekümmert zu einem seiner regelmäßigen Ausdauerläufe gestartet war. James Edwards Jr. (15) und der Fahrer des schwarzen Ford Focus, Michael Dewayne Jones (17), müssen sich als Mittäter und Komplizen demnächst ebenfalls vor Gericht verantworten. Jones nur wegen des Tatverdachts der Beihilfe. Wie die Reporter der Lokalzeitung „Duncan Banner“ erfuhren, streiten alle drei ab, den tödlichen Schuss in den Rücken von Christopher Lane abgegeben zu haben.

Christopher Lane
Christopher Lane © dpa

Von Jones, der im Falle einer Verurteilung eine Maximalstrafe von 45 Jahren zu fürchten hat, berichtete Staatsanwalt Hicks von zwei bemerkenswerten Facetten: Der vorbestrafte junge Mann soll in der Untersuchungshaft einen „Freudentanz“ aufgeführt und gelacht haben. Unmittelbar nach dem Mord, aber noch der Festnahme des Trio, traf sich Jones wegen einem Vorstrafen-Delikt mit seinem Bewährungshelfer. Ob von Jones die Aussage stammt, dass die Freunde „aus Langeweile einen Menschen töten wollten“, ist bisher nicht bestätigt.

Von den letzten Minuten im Leben von Christopher Lane, der an der East Central University in Ada ein Sport-Stipendium wahrnahm und mit seiner australischen Freundin Sarah Harper von einer Karriere in der Profi-Baseball-Liga MLB träumte, erfuhr die Öffentlichkeit durch den Notfall-Anruf von Joyce Smith. Die Anwohnerin war kurz nach dem Schuss am Tatort vorbeigefahren. Sie sah, wie Lane mit großen Blutflecken am Rücken taumelte, hinfiel, blau anlief und schließlich reglos auf einem Grünstreifen liegenblieb. Die mutmaßlichen Täter wurden eine halbe Stunde danach auf dem Parkplatz einer Kirche entdeckt und festgenommen. Chancey Allen Luna, der mutmaßliche Haupttäter, bleibt im Falle seiner Verurteilung von der schlimmsten aller denkbaren Strafen verschont. Der Bundesstaat Oklahoma richtet keine Jugendlichen hin.