Washington. . Mit einem 3-D-Drucker hat ein Student aus Texas eine funktionsfähige Waffe hergestellt und damit die Debatte über Waffengesetze in den USA erneut angeheizt. Besondere Brisanz hat der Fall, da Cody Wilson die Anleitung dafür ins Internet gestellt hat. Denn der Bau von Waffen ist „uneingeschränkt erlaubt“.

Bislang galt der mächtige Schützenverein National Rifle Association (NRA) in Amerika als größter Bremsklotz gegen alle Bemühungen, nach den jüngsten Amokläufen und Massakern die Waffengesetze zu verschärfen. Dann kam Cody Wilson, ein 25-jähriger Student aus Texas, schmiss seinen 3-D-Drucker an, ließ damit dreidimensional passgenau Einzelteile für ein halbautomatisches Schnellfeuergewehr im heimischen Keller aus Hartplastik produzieren und demonstrierte per Video, dass die Plaste-Knarre namens „Liberator“ (Befreier) funktioniert: schlimmstenfalls tödlich.

Binnen zwei Tagen hatten weltweit rund 100.000 Interessierte von Wilsons Internetplattform „defcad.com“ die Bauanleitung heruntergeladen. Kostenlos, denn dem Jura-Studenten und Möchtegern-Anarchisten geht‘s ums Prinzip: Das Internet ist für ihn der Garant unregulierter Freiheit.

Bald könnten Tausende tödliche Spielzeuge bauen

Renommierte US-Politiker wie der New Yorker Senator Chuck Schumer witterten die Gefahr als erste. Schiebt der Gesetzgeber Leuten wie Wilson nicht beizeiten einen Riegel vor, kann man Waffengesetze gleich vergessen. Denn in den USA ist der Bau von Schießprügeln jeder Art für den Eigengebrauch laut Amt für Kontrolle von Alkohol, Tabak, Waffen und Sprengstoff (ATF) bislang „uneingeschränkt erlaubt“. Weil 3-D-Drucker boomen und immer preisgünstiger werden, so die Sorge Schumers, könnten bald Tausende ihre tödlichen Spielzeuge kostengünstig in Heimarbeit basteln.

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Schumers Argument zielt auf breite öffentliche Verunsicherung: Weil in Wilsons Prototyp so gut wie kein Metall enthalten ist, könnten Gewehre und andere Waffen aus 3-D-Druckern mit herkömmlichen Scannern, etwa an Flughäfen, nicht erkannt werden.

Das Außenministerium machte dem Spuk ein Ende

Das Außenministerium in Washington machte dem Spuk jetzt überraschend schnell ein Ende. Mit der Begründung, er habe unter anderem gegen die Richtlinien des Waffenexports verstoßen, wurde Wilson genötigt, seine in Neuseeland bei dem einschlägig beleumundeten Ex-Hacker Kim Dotcom angemeldete Internet-Waffenschmiede dicht zu machen. Wilson fügte sich umgehend, geht aber davon aus, dass der Staat auf Sicht die unzähligen Vertriebswege auch unliebsamer Dinge im Internet nicht dauerhaft verstopfen kann.

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Der bizarre Fall wirft ein Schlaglicht auf eine in der Industrie seit langem eingesetzte Technik, die seit kurzem auch Privathaushalte Einzug hält. Mit 3-D-Druckern lassen sich alle möglichen Gegenstände für den Alltag in Eigen-Regie produzieren. Fast alles kann nach den vom Computer eingelesenen Koordinaten, die man oft über den Hersteller bekommt, Schicht für Schicht aus flüssigem Kunststoff (Polymilchsäure) aufgebaut werden. Weil die Geräte immer besser und billiger werden, erwarten Fachleute wie Chris Anderson bald einen Boom bei den größenmäßig zwischen Mikrowelle und Kühlschrank rangierenden Vervielfältigern. In seinem Buch „Makers“ feiert Anderson hymnisch die anarchisch-individuelle Komponente, wenn sich in Zukunft theoretisch jeder seine kleine Spezial-Fabrik daheim bauen kann; weltweit.

Technik-Euphorie steckte auch Obama an

Von der Euphorie hat sich auch schon US-Präsident Obama anstecken lassen. Bei seiner Rede zur Lage der Nation im Februar attestierte er den dreidimensional druckenden Geräten die Fähigkeit, „die Art zu verändern, wie wir fast alles erstellen“. Zumal im Internet Bauanleitungen zu fast allem zu haben sind. Programme, mit denen man computergesteuert tatsächlich einsetzbare Waffen herstellen kann, waren nach Auskunft amerikanischer Sicherheitsexperten bislang nicht darunter. Über die Gefahren und Risiken, die mit dem Spielzeug für Tüftler einhergehen, sagen amerikanische Technik-Kritiker in Blogs der New York Times, muss man im Lichte des Waffenbauers Cody Wilson eher heute als morgen reden.