Berlin. . Viele Sozialdemokraten schrecken vor einem Bündnis mit der Union zurück. Warum eigentlich? Es ist nicht gesagt, dass die SPD dabei der Verlierer sein muss - was hätten die Sozialdemokraten im Falle einer Großen Koalition denn schon zu verlieren? Eine Analyse.

Wer mit wem – das ist fünf Wochen vor der Bundestagswahl die spannende Frage in Berlin. Und je näher der 22. September rückt, desto ungewisser erscheint jede Prognose, welche Koalition demnächst die Republik regiert. Es könnte kompliziert werden – es sei denn, die SPD überwindet ihr schwarz-rotes Trauma.

Die Ausgangslage: Das neue Politbarometer des ZDF sieht keines der beiden klassischen Bündnisse im Vorteil: Weder Schwarz-Gelb noch Rot-Grün könnten regieren. Der Umfrage zufolge kommen CDU/CSU (41 Prozent) und FDP (5) genau so auf 46 Prozent wie SPD (25), Grüne (13) und Linkspartei (8) zusammen.

Was bliebe übrig? Eine Möglichkeit scheint nun ausgeschlossen: ein Dreierbündnis aus SPD, Grünen und FDP. Denn die liberalen Frontmänner Philipp Rösler und Rainer Brüderle kündigten gestern für den FDP-Konvent am 12. September einen förmlichen Beschluss gegen die „Ampel“ an. An dieser Festlegung ändere sich auch nach der Bundestagswahl nichts, hieß es. „Wenn wir sagen, wir machen es nicht, dann gilt es“, so Brüderle.

Das Trauma von 2009

Da auch die Dreierkoalitionen Rot-Rot-Grün sowie ein „Jamaika“-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen als höchst unwahrscheinlich oder gar ausgeschlossen gelten, könnte Schwarz-Grün aktuell werden. Dagegen spricht aber, dass die bisher einzige Koalition von CDU und Grünen auf Länderebene in Hamburg krachend scheiterte. Läuft also doch alles auf eine Neuauflage der Großen Koalition hinaus?

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Das gewichtigste Argument gegen Schwarz-Rot lautet derzeit: Die SPD könne nicht mitmachen, weil sie bei der Wahl 2009 nach vier Jahren in einer Großen Koalition mit katastrophalen 23 Prozent abgestraft wurde. Doch das Argument zieht nicht. Denn:

Erstens ist nicht ausgemacht, dass die SPD erneut der Verlierer der Koalition wäre. 2017, bei der folgenden Wahl, wäre die derzeit „unüberwindliche“ Angela Merkel zwölf Jahre im Amt. Durchaus denkbar, dass sie dann Platz macht für einen Nachfolger. Das würde die Wahlchancen der SPD erhöhen.

Zweitens: Ein Bündnis mit der CDU würde der SPD erst einmal wieder vier Jahre Regierungsverantwortung bescheren – allemal besser als Opposition.

Und schließlich: Was hätte die SPD denn zu verlieren? Nach Lage der Dinge kann sie am 22. September mit 25-28 Prozent der Stimmen rechnen. Das Risiko eines „Absturzes“ 2017 wäre also überschaubar.