Berlin. . Die Bundesregierung reagiert auf den NSA-Spionageskandal. Ein Spionageabkommen soll dafür sorgen, dass die Partner sich Künftig nicht mehr gegenseitig ausspionieren dürfen. Zudem erklärte Kanzleramtsminister Pofalla am Montag vor dem NSA-Ausschuss, die Späh-Affäre sei weitgehend aufgeklärt.
Für die Bundesregierung ist die Spähaffäre weithin aufgeklärt. Die Grundrechte deutscher Bürger seien nicht verletzt worden, versicherte Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) am Montag in Berlin vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) im Bundestag. Vor allem der Vorwurf der Totalüberwachung sei damit „vom Tisch“. Gleichwohl will die Regierung Gesetze, Praxis und Kontrolle der Geheimdienste verbessern. Alle Fragen im Überblick.
Worauf stützt sich Pofalla?
Die USA und Großbritannien haben letzte Woche schriftlich versichert, dass ihre Geheimdienste stets die deutschen Gesetze beachten. Die Amerikaner sind zudem zu einem „No-Spy-Abkommen“ bereit — ein vertragliche Vereinbarung darüber, dass Partner sich nicht ausspionieren. Auch die Betreiber der Internet-Knotenpunkte in Deutschland beteuerten, dass sie die deutschen Gesetze einhalten.
Warum ein Extra-Abkommen, wenn angeblich alles so koscher war?
Die Regierung sieht darin eine „Chance“, Standards zu setzen. Sie nahm das Angebot der USA an. Die Verhandlungen sollen in diesem Monat beginnen. Der deutsche Unterhändler ist der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Gerhard Schindler. Alle alten Abkommen aus den Zeiten des kalten Krieges, die 1968 erneuert worden waren, wurden zuletzt aufgehoben.
Wie passt es zur regierungsamtlichen Version, dass der US-Geheimdienst NSA jeden Monat 500 Millionen Datensätze aus Deutschland „abgezweigt“ haben soll?
Der BND behauptet, es handele sich um Daten, die er selbst im Ausland erhoben habe, so etwa in Afghanistan, Pakistan, Jemen oder Nordafrika. Diese strategische Aufklärung ist auch seine Aufgabe.
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Allerdings führt der BND nicht Buch darüber, wie viele Daten er „zuliefert“, so dass keiner die Zahl von 500 Millionen bestätigen oder widerlegen kann. Da will die Opposition von SPD, Grünen und Linken nachhaken. Nach US-Angaben werden dank der Zusammenarbeit der Dienste jede Woche in Afghanistan drei bis vier Anschläge gegen ISAF-Soldaten vereitelt.
Hat der BND Handydaten geliefert, die zu gezielten Tötungen führten?
Der Nachrichtendienst bestreitet das. Erstens könne mit ihnen – schon rein technisch – niemand zielgenau lokalisiert werden. Zweitens gibt der BND die Informationen nur unter der Bedingung heraus, dass sie nicht für Todesurteile genutzt werden. Zu Drohnenangriffen im Krieg am Hindukusch können die Daten genutzt werden – zu Todeskommandos in Pakistan oder Jemen nicht. Was mittelbar mit den deutschen Daten angestellt wird, kann der BND nicht sagen. Die Opposition hält die Haltung für zu vertrauensselig.
Hat SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier die Zulieferung für die USA gefördert?
Als Kanzleramtschef traf er einst die Grundsatzentscheidung zugunsten eines Vertrages, der dann 2002 unterzeichnet wurde und bis heute die Basis für die Zusammenarbeit ist. Übrigens fiel diese Entscheidung im Sommer 2001, also noch vor den Anschlägen auf das World Trade Center.
Steinmeier hatte zuletzt den Eindruck erweckt, der Vertrag sei eine Reaktion auf die Terrorattacken gewesen. Steinmeier wollte sich gestern im PKG zu allen Fragen äußern. Die FDP hatte ihn dazu aufgefordert, hatte es gestern aber plötzlich nicht mehr eilig damit.
Ist das Programm „Prism“ aufgeklärt?
Aus der Sicht der Opposition ist weiter offen, ob die Amerikaner heimlich deutsche Bürger ausspioniert haben. Das Angebot eines „No-Spy-Vertrags“ ist für SPD-Fraktionsmanager Thomas Oppermann im Grunde ein „gesichtswahrendes“ Eingeständnis, dass sich die Praxis ändern muss. Genau das hatte US-Präsident Barack Obama zuletzt zugesichert.
Was sind die Konsequenzen aus der Spähaffäre?
Neben dem Abkommen mit den USA dringt die Bundesregierung auf eine Datenschutz-Vereinbarung auf EU-Ebene. Vom Parlament erwartet Pofalla parteiübergreifend eine Initiative für eine verstärkte Kontrolle der Dienste.