Jerusalem. Israel lässt 104 palästinensische Häftlinge frei - als Zeichen des guten Willens für die Friedensverhandlungen. Die seit drei Jahren blockierten Nahost-Friedensgespräche sollen nach Angaben eines palästinensischen Regierungsvertreters am kommenden Dienstag in Washington wieder aufgenommen werden.
Die israelische Regierung hat am Sonntag die letzten Weichen für die Wiederaufnahme von Nahost-Friedensgesprächen gestellt. Nach palästinensischen Angaben sollen die Direktgespräche am Dienstag in Washington beginnen. Die im Vorfeld als Geste gemachte Zusage, palästinensische Langzeithäftlinge aus dem Gefängnis zu entlassen, fand erst nach langer Debatte mehrheitliche Zustimmung im Kabinett.
Die seit drei Jahren blockierten Nahost-Friedensgespräche sollen nach Angaben eines palästinensischen Regierungsvertreters am kommenden Dienstag wieder aufgenommen werden. Der palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erakat werde sich in Washington mit der israelischen Justizministerin Zipi Livni treffen, sagte der Vertreter der Autonomiebehörde, der anonym bleiben wollte. Eine offizielle Bestätigung gab es für den Termin zunächst weiterhin nicht.
13 der 22 Kabinettsmitglieder stimmten Freilassung zu
Das israelische Kabinett stimmte am Sonntag erst nach eingehender Diskussion der Freilassung von 104 palästinensischen Häftlingen zu. Wie die Regierungspressestelle im Anschluss mitteilte, wurde ein fünfköpfiger Ausschuss gebildet, der über die einzelnen Schritte der Haftentlassungen entscheiden kann. Diesem Lenkungsausschuss gehören neben Regierungschef Benjamin Netanjahu Verteidigungsminister Mosche Jaalon, Livni, der Minister für Öffentliche Sicherheit, Jizchak Acharonowitsch, sowie Wissenschaftsminister Jaakov Peri an.
Nach übereinstimmenden Meldungen israelischer Medien stimmten 13 der 22 Mitglieder des Kabinetts der Freilassung zu, sieben votierten dagegen und zwei Likud-Minister enthielten sich. Für die Palästinenserführung erklärte Erakat dazu, der "Beschluss der israelischen Regierung ist ein wichtiger Schritt. Und wir sind hoffentlich in der Lage, die Chance auf einen dauerhaften und gerechten Frieden beim Schopf zu ergreifen, die sich uns aufgrund der Vermittlung durch die USA bietet."
Netanjahu schreibt offenen Brief an seine Landsleute
In einem offenen Brief an seine Landsleute hatte Netanjahu am Samstag erklärt, er sei mit der Freilassung von 104 palästinensischen Häftlingen einverstanden. Diese sollten schrittweise je nach Verhandlungsfortschritt erfolgen. Die Langzeitgefangenen, um die es hier insbesondere geht, waren vor dem Oslo-Abkommen von 1993 inhaftiert worden und wegen der Schwere ihrer Taten bei keinen früheren Amnestien und Austauschaktionen berücksichtigt worden.
"Es gibt Momente, in denen für das Wohl des Landes harte Entscheidungen getroffen werden müssen, und dies ist einer jener Momente", erklärte Netanjahu vor Beginn der Kabinettssitzung. Unter den fraglichen Häftlingen, die alle wegen Mordes verurteilt worden waren, befinden sich auch einige, die folgenschwerste Anschläge auf Zivilisten verübt hatten.
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Das Volk soll das letzte Wort haben über Friedensverträge
Zügig verabschiedet wurde vom Kabinett ein Gesetz, das dem Volk das letzte Wort über Friedensverträge mit den Palästinensern geben soll. Netanjahu erklärte dazu, es sei "wichtig, dass jeder Bürger direkt über solche historischen Fragen abstimmt, die über die Zukunft des Landes entscheiden".
Die Regierung stufte das Referendumsgesetz als "vordringlich" ein, um es beschleunigt durch die Knesset zu bringen. Es wird als Zugeständnis an den ultranationalistischen Flügel der Regierungskoalition gesehen, weil im Zuge der Friedensverhandlungen von beiden Seiten weitgehende Konzessionen erwartet werden.
Der Entwurf sieht vor, dass jegliche Abtretung von Land, das israelischer Hoheit untersteht, einem Referendum unterworfen wird, egal ob als Folge eines Friedensvertrages oder aufgrund eines einseitigen Rückzugs. Dies betrifft insbesondere den Ostteil Jerusalems, der 1967 von Israel erobert und kurz darauf annektiert worden war. (afp)