Düsseldorf. . Lehrerverbände fordern, der Unterricht müsse die Schüler besser aufs „wirkliche Leben“ vorbereiten. „Lehrpläne sind zu stark auf die reine Wissensvermittlung ausgerichtet“, sagt der Landeschef der Gewerkschaft Bildung und Erziehung, Udo Beckmann. Experten fordern “Mut zur Lücke“.

Schulen müssen aus Sicht von NRW-Lehrerverbänden besser aufs „wirkliche Leben“ vorbereiten. „Lehrpläne sind zu stark auf die reine Wissensvermittlung ausgerichtet“, sagte der Landeschef der Gewerkschaft Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, zur WAZ. Auch der Philologenverband forderte „mehr Mut zur Lücke bei Lehrplänen“, damit Schulen die „Lebensbefähigung“ der Schüler stärker in den Blick nehmen könnten.

Eine Studie der Universität Bielefeld hatte ergeben, dass fast 30 Prozent aller Kinder nach der Grundschule gar nicht oder nicht richtig schwimmen können. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften (GEW) verlangte nach mehreren Todesfällen eine Verpflichtung, dass Kinder spätestens nach dem zweiten Schuljahr schwimmen gelernt haben.

Mehr Wirtschafts- und Verbraucherthemen im Unterricht

Krankenkassen beklagen zudem die Zunahme der Zahl übergewichtiger Kinder und fordern mehr Sportunterricht und Gesundheitsberatung. VBE-Chef Beckmann sieht auch eine Berechtigung für Lerninhalte wie Verbrauchererziehung bei Handy- und Knebelverträgen, Wirtschaftsthemen und Kriminalprävention – warnte aber vor übervollen Lehrplänen. „Belastung ohne Entlastung an anderen Stellen führt nicht zu allwissenden Kindern, sondern zur Überfrachtung der Schulwoche.“ Schon heute seien 34 Unterrichtsstunden für Neuntklässler keine Seltenheit.

Der NRW-Vorsitzende des Philologenverbandes, Peter Silbernagel, verlangte deshalb „mehr Mut zur Entschlackung der Lehrpläne“. Einzelne Fächer wie Biologie, Informatik und Mathematik glichen in den letzten drei Schuljahren oft Oberseminaren an Hochschulen. „Schule muss aber Kreativität, Teamfähigkeit, Flexibilität und Lebensbefähigung fördern. Allein Wissen zu vermitteln, das reicht nicht“, sagte Silbernagel. Manche Schüler erlebten erstmals bei der Klassenfahrt, „wie man gesittet am Tisch sitzt“.

Mehr Gewicht aufs "Lernen lernen"

VBE-Landeschef Beckmann erhöht den Druck auf die Landesregierung zur Überprüfung und anschließenden Ausdünnung der Lehrpläne. „Natürlich sind historische Daten, Grammatik und das Beherrschen der Grundrechenarten wichtig“, so Beckmann. Dabei werde aber unterschätzt, dass der Schwerpunkt stärker auf das „Lernen lernen“ und die Vermittlung sozialer Kompetenzen gelegt werden müsse. „Regierungen versäumen es aber, bei der Einführung neuer Aufgabenfelder zu sagen, was wegfallen soll.“