Berlin. . Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) hat in der US-Spähaffäre versucht, den Verdacht einer Totalüberwachung in Deutschland durch Geheimdienste zu entkräften. Auch nach einem dreistündigen Auftritt des Geheimdienst-Koordinators vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags beklagte die Opposition mangelnde Aufklärung.

In der US-Ausspähaffäre ist die Bundesregierung nach wochenlangem Zögern in die Offensive gegangen: Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) wies am Donnerstag vehement den Eindruck zurück, deutsche Sicherheitsbehörden hätten die USA rechtswidrig bei Abhöraktionen unterstützt. „Die deutschen Nachrichtendienste arbeiten nach Recht und Gesetz“, sagte Pofalla nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Bundestags in Berlin. Die Dienste hielten den Datenschutz „zu hundert Prozent“ ein.

Zugleich legte die Bundesregierung dem Gremium ein Schriftstück vor, in dem der US-Geheimdienst NSA offenbar versichert, mit seinem Spähprogramm Prism würden keineswegs massenhaft Kommunikationsdaten deutscher Bürger erfasst. Die NSA erklärte nach Angaben von Koalitionspolitikern zudem, dass ihr Prism-Programm nichts mit dem in Afghanistan von der Nato benutzten Programm gleichen Namens zu tun habe.

„Keinen Schritt weiter“

Pofalla sagte nach der Sitzung, nun seien „alle Fragen umfassend geklärt.“ Doch die Opposition widersprach: Sie attestierte der Bundesregierung zwar, nun die Brisanz der Vorwürfe erkannt zu haben und sich um Beantwortung der Fragen zu bemühen. Doch PKG-Chef Thomas Oppermann (SPD) sagte: „Wir sind keinen Schritt weiter.“ In wichtigen Fragen gebe es immer noch keine Antwort.

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Von Daniel Freudenreich

Indizien, dass die Bundesregierung zu einem frühen Zeitpunkt mehr über die US-Überwachungsprogramme gewusst habe, seien nicht ausgeräumt. Und auch die kurze Erklärung der NSA sei nicht befriedigend. Hans-Christian Ströbele (Grüne) sagte, die NSA-Darstellung zu ihrer Datensammlung stehe im Widerspruch zu den Angaben des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden; ihn müsse die Bundesregierung jetzt befragen.

Zwei Datensätze weitergeleitet

Nach Angaben der Opposition bestätigte der Präsident des Bundesnachrichtendiensest (BND), Gerhard Schindler, er habe sich für eine lockerere Auslegung der Regeln zur Weitergabe von Informationen aus Abhöraktionen an die USA bemüht. Pofalla widersprach dieser Darstellung aber und erklärte, ihm habe ein solcher Antrag auch nicht vorgelegen, damit sei es in der Praxis ohnehin zu keiner Änderung gekommen. Tatsächlich seien der NSA nur zwei Datensätze übermittelt worden – zum Schutz deutscher Entführungsopfer.

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Pofalla ließ in seinem Pressestatement keine Nachfragen zu. Die weitere Aufklärung droht nun zum Wahlkampfspektakel zu werden – nach zwei weiteren Sondersitzungen will die Koalition SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der bis 2005 Kanzleramtschef war, und den früheren BND-Chef Ernst Uhrlau (SPD) in das Kontrollgremium vorladen. Rot-Grün will dagegen Kanzlerin Angela Merkel einbestellen.