Berlin. In der Diskussion um den NSA-Skandal hat die Bundeskanzlerin Innenminister Friedrich und Kanzleramtsminister Pofalla ihr “vollstes Vertrauen“ ausgesprochen. Merkel versprach Aufklärung über die Späh-Affäre, bat aber um Zeit. Am Freitag kündigte sie zudem Wahlkampf gegen Rot-Rot-Grün an.
Im Streit um das amerikanische Spähprogramm "Prism" hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter ihren Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) gestellt. Friedrich und auch Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) hätten ihr "vollstes Vertrauen", sagte Merkel am Freitag in Berlin. Zugleich forderte sie von den Vereinigten Staaten nochmals Auskunft über das "Prism"-Programm. Derzeit könnten noch nicht alle Fragen beantwortet werden. "Die Arbeiten sind nicht abgeschlossen. Sie dauern an."
Merkel verwies darauf, dass US-Präsident Barack Obama eine Prüfung der deutschen Bitten zugesagt habe. "Ich kann doch nur zur Kenntnis nehmen, dass unsere amerikanischen Partner Zeit für die Prüfung brauchen", sagte Merkel. "Mir hilft auch keine Zusage, die sich hinterher nicht als wahrheitsgemäß erweist. Insofern warte ich lieber." Der US-Geheimdienst NSA steht unter Verdacht, über das Internet und über Telefongespräche massenhaft Daten von deutschen Bürgern ausgekundschaftet zu haben.
"Nicht alles, was machbar ist, darf gemacht werden"
Die Kanzlerin betonte, dass bei der Überwachung von Daten auch beim Kampf gegen den Terrorismus nicht alle technischen Möglichkeiten genutzt werden dürften. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Nicht alles, was technisch machbar ist, darf auch gemacht werden." Stets müsse der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. "Deutschland ist kein Überwachungsstaat", sagte Merkel. "Deutschland ist ein Land der Freiheit."
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Erneut forderte sie die USA auf, bei Aktivitäten in Deutschland auch die deutschen Gesetze zu beachten. "Auf deutschem Boden hat man sich an deutsches Recht zu halten", sagte die CDU-Vorsitzende. "Bei uns in Deutschland und in Europa gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern die Stärke des Rechts. Das erwarte ich von jedem."
Aufklärung und Maßnahmen zur Verbesserung des Datenschutzes
Überdies versprach die Bundeskanzlerin Aufklärung darüber, ob und in welchem Umfang Daten deutscher Staatsbürger vom US-Geheimdienst NSA ausgespäht worden sind. Zugleich kündigte sie am Freitag in Berlin einen Acht-Punkte-Katalog von Maßnahmen zur Verbesserung des Datenschutzes an.
Erster Punkt des Maßnahmenkatalogs zur Verbesserung des Datenschutzes seien Verhandlungen des Auswärtigen Amtes mit den USA über die Aufhebung einer Verwaltungsvereinbarung aus dem Jahr 1968, wonach Abhörmaßnahmen der USA in Deutschland nicht wie sonst üblich von der G-10-Parlamentskommission genehmigt werden müssen. Zudem würden auf Expertenebene die Gespräche mit den USA "über eine eventuelle Datenabschöpfung" fortgesetzt. Deutschland wolle zudem auf europäischer Ebene den Datenschutz vorantreiben.
Merkel kündigt Wahlkampf gegen Rot-Rot-Grün an
Merkel will im Bundestags-Wahlkampf ihre Anhängerschaft auch mit der Aussage mobilisieren, dass ein Bündnis von SPD, Grünen und Linkspartei verhindert werden müsse. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass man "auf Aussagen, man würde Rot-Rot-Grün nicht machen, nicht bauen" könne, sagte die CDU-Vorsitzende am Freitag vor Journalisten in Berlin. "Und das werden wir den Menschen auch sagen."
Edward SnowdenSPD-Spitzenpolitiker wie auch ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück haben eine Koalition mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl oder auch nur eine Tolerierung oder eine Kanzlerwahl mit Hilfe von Stimmen der Linkspartei kategorisch ausgeschlossen.
Bundestagswahl wird ein "ganz knappes Rennen"
Die CDU-Vorsitzende bekräftigte ihren Wunsch, die Koalition mit der FDP nach der Bundestagswahl am 22. September fortzusetzen. Union und FDP arbeiteten mittlerweile gut und vertrauensvoll zusammen, sagte Merkel, die aber einräumte: "Es gab am Anfang Umgangsformen, die nicht schön waren." Sie rechne für die Bundestagswahl mit einem "ganz knappen Rennen".
Gut neun Wochen vor der Bundestagswahl sieht eine Mehrheit der Meinungsforschungsinstitute für Union und FDP die Möglichkeit, ihr Regierungsbündnis fortzusetzen. (dpa/ rtr)