Wie geht es weiter mit dem Solidarpakt und dem Solidaritätszuschlag? Kanzlerin Merkel sieht keine Alternative zu diesem Aufschlag auf die Lohn- und Einkommensteuer - will die Einnahmen aber nicht mehr allein in Ostdeutschland einsetzen. Das bewertetet der Koalitionspartner FDP ganz anders.
In der schwarz-gelben Koalition verschärft sich der Streit über die Zukunft des Solidaritätszuschlags. Die FDP warnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), über das Jahr 2019 hinaus am Soli festzuhalten.
"Die Kanzlerin macht unverständlicherweise einen Fehler", sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto Fricke. "Wir müssen bei den Ausgaben weiter auf die Bremse treten, sonst wird es mit der Haushaltskonsolidierung insbesondere bei den Ländern nie etwas."
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die spezifische Förderung Ostdeutschlands nach 2019 beenden, den Solidaritätszuschlag aber beibehalten. 2019 läuft der Solidarpakt II aus. "Manche Regionen in den neuen Ländern stehen wirtschaftlich besser da als Teile der alten Bundesrepublik", sagte die CDU-Vorsitzende. Die Einnahmen aus dem Soli, der im Zusammenhang mit der deutschen Einheit eingeführt worden war, will Merkel künftig für Infrastrukturmaßnahmen in ganz Deutschland nutzen.
FDP will den "Deckel drauf machen"
Die Kanzlerin sprach von einer reinen Bundessteuer von derzeit rund 13 Milliarden Euro. "Wenn ich auf die nächsten Jahren blicke, sehe ich großen Investitionsbedarf, und zwar in ganz Deutschland, etwa in Straße und Schiene." Zudem wolle Deutschland in der nächsten Legislaturperiode endlich Staatsschulden zurückzahlen. "Ich sehe nicht, wie wir einen Betrag in dieser Höhe an anderer Stelle einsparen könnten", sagte Merkel.
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FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüder lehnte es ab, den Solidarpakt in einen neuen Länderfonds ab 2020 überzuleiten. "Statt neue Töpfe wie einen Deutschland-Fonds zu erfinden, müssen wir irgendwann den Deckel drauf machen", betonte er. Für den Soli könne es "keine Ewigkeitsgarantie" geben. Der Generalsekretär der Thüringer FDP, Patrick Kurth, betonte: "Der Solidaritätszuschlag hat seine Zukunft hinter sich." Die Bürger müssten entlastet werden. "Dazu werden wir den Soli in der kommenden Legislaturperiode schrittweise vollständig abschaffen."
Der FDP-Finanzexperte Fricke erklärte: "Wenn wir in der nächsten Legislaturperiode Überschüsse erwirtschaften, kann und sollte der Solidaritätszuschlag abgesenkt werden, so dass er 2019 mit dem Auslaufen des Solidarpaktes komplett abgeschafft werden kann."
Kommunen verweisen auf Investitionslücke bei Bildung und Infrastruktur
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte dagegen die von Merkel in Aussicht gestellte Beibehaltung des Soli. "Die Menschen erwarten zu Recht bessere Schulen, mehr Lehrer, gute Straßen. Das geht jedenfalls nicht mit weniger Geld", betonte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Deshalb glaube er, "dass wir auch nach 2019 nicht auf den Soli verzichten können".
Nach Berechnungen des Steuerzahlerbunds entwickeln sich die Einnahmen des Bundes durch den Solidaritätszuschlag im Vergleich zu seinen Ausgaben für den Solidarpakt II zum wachsenden Gewinngeschäft. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf die Organisation berichtet, nimmt der Bund von 2005 bis 2019 insgesamt 207,8 Milliarden Euro durch den Solidaritätszuschlag ein. Für den Aufbau Ost würden in dieser Zeit aber nur etwa 156 Milliarden Euro ausgegeben. Der Soli ist ein 5,5-prozentiger Aufschlag auf die Lohn- und Einkommenssteuer sowie auf die Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer.
Kretschmann fordert grundsätzliche Neuregelung der Länderfinanzen
2019 läuft nicht nur der Solidarpakt aus, sondern auch die bisherigen Regelungen des Länderfinanzausgleichs. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) fordert deshalb eine grundlegende Reform der Finanzierungen von Bund und Ländern. "Wir brauchen eine Föderalismuskommission III", sagte er.
Der Vorschlag der thüringischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), als Nachfolgeinstrument für den Solidarpakt II einen bundesweit einsetzbaren Deutschlandfonds zu schaffen, nannte Kretschmann einen "interessanten Ansatz". Auch Merkel bezog sich ausdrücklich auf den Lieberknecht-Vorstoß. (dpa)