Ein paar Phrasen hier, ein Hauch von vorbeugender Kritik dort, kaum Konkretes – bei ihrer letzten Pressekonferenz vor der Sommerpause hat die Kanzlerin nichts zur Aufklärung des Überwachungsskandals beigetragen. Wer wann was gewusst hat, wird vielleicht irgendwann beantwortet. Sicher nicht vor der Bundestagswahl. Angela Merkel behandelt die Vorgänge so, wie sie immer Politik macht. Abwarten. Sondieren. Reagieren. Keine konkrete Position beziehen. So kommt man durch in Deutschland im Jahr 2013. Die Umfragewerte der Regierungschefin brechen nicht ein. Hat sich das demokratische Bewusstsein eingetrübt?

In den 1980er Jahren gingen Zehntausende auf die Straße, um gegen die Volkszählung zu demonstrieren. Gegen eine Volkszählung! Heute wird den Bürgern berichtet, dass sie systematisch überwacht werden. Der Aufstand bleibt aus. Ein Jahrzehnt ständiger Warnung vor Terror hat Wirkung gezeigt. Wenn es der Sicherheit dient, nehmen viele Menschen billigend in Kauf, dass ihre Freiheit immer weiter eingeschränkt wird.

Es ist etwas aus der Balance geraten, in den vergangenen Jahren. Internetüberwachung. Telefonüberwachung. Videoüberwachung. Kontoabfragen. Peinlichste Kontrollen an Flughäfen. Natürlich macht die Bedrohung durch den Terror Angst. Noch beängstigender aber ist die Vorstellung, dass ein Volk es ohne nennenswerten Widerstand hinnimmt, dass seine Freiheit von Sicherheitsstreben einbetoniert wird. Dass die Bewahrung eines Grundrechts nicht mehr relevant ist.

In den nächsten Wochen wird im politischen Berlin Ruhe einkehren. Es ist Sommerzeit. Danach beginnt die heiße Phase des Wahlkampfs. Es gäbe Vieles, um das mit Verve gestritten werden könnte. Die Frage, wieviel Freiheit das Streben nach Sicherheit kosten darf. Wie es mit der sozialen Gerechtigkeit im Land bestellt ist. Das sind große Themen. Vermutlich aber wird die Wahlbeteiligung im September wieder einmal zurückgehen. Das Interesse an Politik schwindet. Das ist beunruhigend. Demokratie ist eine unglaublich wertvolle Errungenschaft. Wir sollten uns nicht einlullen lassen. Wir müssen wach bleiben.