Berlin. . Zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl schlägt das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Alarm: Vor allem die Wahlversprechen von SPD, Grünen und Linken würden Hunderttausende Arbeitsplätze kosten. Aber auch die sozialpolitischen Pläne der CDU/CSU würden die Wirtschaft belasten.

Zweieinhalb Monate vor der Bundestagswahl am 22. September haben Wissenschaftler aus dem Arbeitgeberlager die Wahlprogramme der meisten Parteien ungewöhnlich scharf kritisiert: Viele der steuer- und sozialpolitischen Wahlversprechen seien „Gift für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland“, erklärte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer gestern in Berlin vorgelegten Untersuchung. Die „Geschenke“ würden Bürger und Unternehmen belasten und könnten mehrere Hunderttausend Jobs kosten, so das Urteil.

Mütterrente kostet 100 000 Jobs

Dass die Wirtschaft dabei erneut und besonders die Steuererhöhungspläne von SPD, Grünen und Linken kritisiert, ist wenig überraschend. Unerwartet hart gingen die Experten aber auch die Union an. Deren geplante Mütter- und Lebensleistungsrente werde unter dem Strich zu Mehrbelastungen von rund zwölf Milliarden Euro führen, klagte gestern IW-Chef Michael Hüther. Allein dies verhindere bis zu 100 000 neue Arbeitsplätze.

Gleichzeitig bleibe die Union nebulös, wie sie die Steuerzahler vom Effekt der „kalten Progression“ bei der Einkommensteuer entlasten wolle. Während die Opposition zumindest klare Kante zeige, welche Belastungen sie plane, blieben die Regierungsparteien „eher vage“.

Allerdings sind die Warnungen der Wissenschaftler vor den Folgen der Pläne von SPD und Grünen dennoch drastisch: Die steuerlichen Mehrbelastungen aus ihren Wahlprogrammen lägen bei jeweils knapp 60 Milliarden Euro – im Kern geht es in unterschiedlicher Ausgestaltung um eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer, Abgaben auf größere Vermögen oder eine Reform des Ehegattensplittings. Dies seien „negative Investitionsanreize“, mittelfristig drohten mit Rot-Grün bis zu 300 000 Jobs weniger zu entstehen, so die Studie. Das Programm der Linkspartei werde die Bürger und Unternehmen sogar mit 170 Milliarden Euro belasten und so bis zu 800 000 mögliche Jobs verhindern.

Allein bei der FDP ergibt sich nach der Analyse der Wissenschaftler eine Entlastung von 1,5 Milliarden Euro. „Das Programm der Liberalen birgt im Vergleich zu den anderen Parteien die geringsten Risiken. Allerdings bleibt die FDP manche Konkretisierung schuldig.“

„Von Interessen geleitet“

Die arbeitgebernahen Wissenschaftler empfehlen außerdem, auf zusätzliche Staatsausgaben zu verzichten und stattdessen wettbewerbsfähige Arbeitsplätze zu schaffen. Doch habe keine Partei die wahren Herausforderungen erkannt. Aus ökonomischer Sicht seien die Programme „mal ein mehr, mal ein weniger großes Desaster“. Generell verfehlt seien die Rentenpläne von Union, SPD und Grünen.

Die FDP sah sich erwartungsgemäß durch die Studie bestätigt. SPD-Fraktionsvize Joachim Poß nannte die Studie dagegen ein „interessengeleitetes Horrorszenario“ – tatsächlich wolle die SPD die Steuermehreinnahmen in Bildung und Infrastruktur investieren. Auch die Grünen beklagten, die Forscher ignorierten den Investitionsbedarf.