Essen. Im NSU-Prozess haben am Dienstag Polizeibeamte ausgesagt, die anfangs an den Ermittlungen beteiligt waren. Eine Bemerkung ließ die Prozessbeteiligten besonders aufhorchen. Nach Angaben eines Zeuge habe Beate Zschäpe erklärt, sie sei zu nichts gezwungen geworden.

Die „beiden Uwes“ seien ihre Familie gewesen: Das soll Beate Zschäpe vor mehr als zweieinhalb Jahren einem Ermittler abends in Zwickau erzählt haben. Sie hatte sich an diesem 8. November 2011 am Vormittag in Jena der Polizei gestellt. Hinter der bundesweit gesuchten Frau lag eine Odyssee, die sie mit der Bahn fünf Tage lang quer durch Deutschland geführt hatte.

Während die Polizei in Jena die Personalien und die Identität von Beate Zschäpe überprüfte, wurden die Ermittler in Zwickau informiert. Denn die dortige Polizei ermittelte gegen Beate Zschäpe wegen Brandstiftung. Die Jenaer Kripo nahm Beate Zschäpe auch ihre Kleidung zur Spurensicherung ab, so dass die Verdächtige damals in Freizeitkleidung unterwegs gewesen sein soll, die ihr die Polizei gegeben hatte.

Ermittler sahen Zusammenhang zwischen Selbstmorden

Das Zwickauer Amtsgericht hatte einen Haftbefehl gegen die Gesuchte erlassen, weil sie einige Tage zuvor den letzten Unterschlupf des NSU-Terrortrios in Brand gesteckt haben soll. Die Ermittler sahen damals schon eine Verbindung zwischen dem Selbstmord von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November 2011 im thüringischen Eisenach und der Brandstiftung.

Also wurde Zschäpe, nachdem sie sich in Jena der Polizei gestellt hatte, zur Vernehmung nach Zwickau gefahren. Sie erklärte den Beamten, nichts sagen zu wollen. So endete nach Schilderung des Zeugen nach kurzer Zeit die Befragung, an der er beteiligt war. Zschäpe soll zum Abschluss noch kurz bemerkt haben, dass sie seit langem nicht mehr mit ihrem richtigen Namen unterschrieben habe. Das jedenfalls erzählt der Zeuge. Und der heute 47-jährige Beamte schilderte weiter, dass er sich danach mit Beate Zschäpe in seinem Dienstzimmer aufgehalten und etwa eine halbe Stunden unterhalten habe.

Dienstwaffe der ermordeten Beamtin im Wohnmobil gefunden

Mit dabei sei noch eine Polizistin aus Baden-Württemberg gewesen, welche im Fall der getöteten Polizeibeamtin Michele Kiesewetter ermittelt habe. Denn im Wohnmobil der getöteten Böhnhardt und Mundlos war unter anderem die Dienstwaffe der ermordeten Beamtin gefunden worden. Nach der Erzählung des Zeugen habe sich ein Gespräch entwickelt, während Zschäpe etwas gegessen habe.

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Der Beamte will die Zweifel der Festgenommenen, dass das Gespräch aufgezeichnet werde, mit der Bemerkung zerstreut haben, dass keine illegalen Verhörmetoden angewendet werden. Zschäpe soll so erzählt haben, dass sie ein „Omakind“ sei und sich mit ihrer Mutter nicht gut verstehe. Sie sei teils bei ihrer Großmutter aufgewaschen. Und die Verdächtige bedauerte es, dass sie, bevor sie sich der Polizei stellte, nicht noch einmal mit ihrer Oma treffen konnte.

Zschäpe: „Ich wurde zu nichts gezwungen“

Als Bespiel dafür, dass es ein Gespräch war, erklärte der Zeuge, dass Zschäpe auch selber Fragen gestellt habe. So soll sie sich mehrfach nach dem Befinden ihrer Katzen erkundigt haben, die sie vor dem Ausbruch des Brandes im NSU-Unterschlupf einer Nachbarin übergeben hatte. Zschäpe soll aber auch erklärt haben, dass die „beiden Uwes ihre Familie“ gewesen seien.

Am meisten ließ die Prozessbeteiligten aber die Bemerkung des Zeugen aufhorchen, dass Beate Zschäpe erklärt hatte: „Ich wurde zu nichts gezwungen“. So jedenfalls notierte es der Polizeibeamte nach dem Gespräch mit der Verdächtigen in einem Vermerk. Dieser Vermerk liegt dem Gericht vor. Richter Manfred Götzl befragte den Zeugen nach diesen Notizen. Irgendwann meldete sich Verteidiger Wolfgang Heer. Er forderte von Richter Manfred Götzl, den Zeugen doch immer genau so zu befragen, dass deutlich wird, was er aufgeschrieben habe und an was er sich heute noch erinnert.

Zschäpe hatte kein behütetes Elternhaus

Es folgte der übliche Disput zwischen Richter und dem Zschäpe-Verteidigung, der letztlich in einer Pause endete, um die Gemüter wieder zu beruhigen, wie Manfred Götzl meinte. Denn inzwischen hatte sich auch Bundesanwalt Herbert Diemer eingeschaltet, der den Vorsitzenden Richter bat, mit seiner Befragung des Zeugen fortzufahren und die „Störungen“ des Verteidigers „zu verbieten“.

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Nach der Pause stand noch eine weitere Aussage Zschäpe im Mittelpunkt, welche die Angeklagte damals gemacht haben soll. Sie sprach davon, dass die beiden Uwes im Gegensatz zu ihr ein behütetes Elternhaus gehabt haben sollen. Daher sei ihr unklar, warum sie sich so entwickelt haben. Das jedenfalls ist die Erinnerung des Zeugen. Was er nicht mehr sagen konnte, ob in diesem Zusammenhang das Wörtchen „kriminell“ gefallen war.

Rechtsanwalt Heer hat bereits angekündigt, dass sich die Verteidigung am Nachmittag mit den Aussagen des Zeugen auseinandersetzen wird. Denn das, was der Zwickauer Beamte notiert hatte, sind einige der wenigen Äußerungen, die die Angeklagte nach ihrer Verhaftung gemacht haben soll. Vor der Mittagspause erkundigte sich eine Anwältin der Nebenklage den Zeugen noch, ob er Beate Zschäpe bei ihrem Interesse für ihre Katzen auch einmal danach gefragt habe, ob sie sich auch für die Menschen interessiere, die in dem angezündeten Haus gelebt haben. „Nein“, sagte der Ermittler. Da die Verhaftete keine Angaben machen wolle, sei über die Tatvorwürfe auch nicht geredet worden.