München. . In München ist am Montag der NSU-Prozess fortgesetzt worden. Ihr Brief könnte Folgen für das NSU-Verfahren haben. Während die Hauptangeklagte Beate Zschäpe weiter schweigt, könnte ihr Brief an einen befreundeten Neonazi noch Folgen haben. Ein Anwalt will den Mann als Zeugen laden.

Der Brief von Beate Zschäpe an einen Bielefelder Häftling könnte ein juristisches Nachspiel haben. Zu Beginn des 14. Verhandlungstages des NSU-Prozesses in München beantragte ein Nebenklage-Vertreter, den Adressaten des Briefes vorzuladen. Es handele sich bei Robin S. um ein früheres, gewaltbereites Mitglied der Dortmunder Neonazi-Szene mit mutmaßlichen Kontakten zum NSU, sagte Thomas Bliwier.

Der Anwalt beantragte zudem, frühere Neonazi-Freunde von Robin S. als Zeugen zu laden, darunter Sebastian S. aus Dortmund und Benjamin G. aus Kassel. Die drei Genannten sollen sich Mitte März 2006 in Kassel bei einem rechtsextremistischen Konzert mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos getroffen haben – also unmittelbar vor den Morden an Mehmet Kubasik in Dortmund am 4. April und Halit Yozgat in Kassel am 6. April 2006.

Für Bliwier ist die Verbindung Dortmund-Kassel-NSU klar

Für Bliwier, der die Familie von Yozgat vertritt, ist besonders brisant, dass Sebastian S. und Benjamin G. als Informanten dem Verfassungsschutz zuarbeiteten. V-Mann-Führer von Benjamin G. war wiederum der hessische Geheimdienst-Beamte Andreas T. – der exakt zum Zeitpunkt des Mordes an Halit Yozgat als Gast in dessen Internet-Café saß.

„Beate Zschäpe hat mit ihrem Brief an Robin S. diesen Prozess unfreiwillig voran gebracht“, sagte Bliwier unserer Zeitung. Nun ergebe sich eine noch klarere Verbindung zwischen der rechtsextremistische Szene in Kassel und Dortmund sowie den Morden des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU).

Ein V-Mann soll Robin S. angestiftet haben

„Dank der neuen Erkenntnisse glaube ich endgültig nicht mehr an Zufälle“, sagte der Anwalt. Zschäpe habe seiner Ansicht nach gezielt aus dem Gefängnis ganz gezielt mit Robin S. Kontakt gehalten.

Robin S. war im Jahr 2007 zu acht Jahren Haft verurteilt worden, nachdem er bei einem Raubüberfall aus einen Supermarkt einen Tunesier mit mehreren Pistolenschüssen schwer verletzt hatte. Als Anstifter der Tat bezeichnete er während des damaligen Prozesses Sebastian S. – den V-Mann des nordrhein-westfälischen Landesamtes für Verfassungsschutz.

Was wussten die Geheimdienste?

Auch die möglichen Verbindungen zwischen dem NSU und dem Verfassungsschutz behandelte Bliwiers Antrag, den früheren Thüringer NPD-Funktionär Tino Brandt als Zeugen zu laden. Der Angeklagte Carsten S. hatte zuvor im Prozess ausgesagt, im Jahr 1999 und 2000 seinen Bekannten Brandt – der damals der wichtigste V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes war – über seine Kontakte zu Böhnhardt und Mundlos informiert zu haben. „Es geht uns um die Frage, was die Dienste hätten wissen müssen oder zumindest können – oder ob sie sogar wohlwollend weggeguckt haben“, sagte Bliwier unserer Zeitung.

Nach den Anträgen wurde die Verhandlung mit den ersten Zeugenvernehmungen fortgesetzt. Allerdings waren nicht wie ursprünglich geplant jene Polizisten geladen, die Zschäpe verhaftet im November 2011 hatten. Stattdessen wurden Beamte vernommen, die mit dem zweiten bisher bekannten NSU-Mord im Juni 2001 befasst waren. Damals war Abdurrahim Özüdogru erschossen in seiner Änderungsschneiderei in Nürnberg aufgefunden worden.