Washington/Austin. . Kuriose Demokratie: Die US-Senatorin Wendy Davis hat in Texas durch einen Rede-Marathon die Verschärfung des Abtreibungsgesetzes verhindert. Davis hielt eine mehr als elf Stunden lange Rede - und schaffte es so, den Beschluss des Gesetzes formell ungültig zu machen.
Am Ende der Strapazen stand Wendy Davis auf wackligen Beinen in ihren pink-grünen Joggingschuhen im Senat von Austin und konnte den Erfolg nach eigenen Worten „kaum fassen“. Mit einem fast zwölfstündigen Rede-Marathon, dem in den USA legalen Instrument des Filibuster, hat die 50-jährige zierliche demokratische Senatorin aus Forth Worth in der Nacht zum Mittwoch ein Gesetz verhindert, das für die meisten der über 40 Abtreibungskliniken im „Lone Star State“ kurzfristig das Aus bedeutet hätte.
Davis begann ihre Dauer-Rede am Dienstag gegen 11 Uhr vormittags. Ihr Ziel: Mitternacht erreichen. Bis dahin hätte die Abstimmung über das umstrittene Vorhaben des republikanischen Gouverneurs Rick Perry aus Fristgründen über die Bühne sein müssen. Davis hielt sich bis auf wenige Momente an die bizarren Auflagen: nicht einmal hinsetzen, nicht aufs Rednerpult stützen, nichts essen, nicht zur Toilette gehen, nicht vom Thema abweichen.
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Tumultartige Szenen im texanischen Senat
Von Stunde zu Stunde nahmen Hunderttausende Amerikaner per Internet und Twitter an der Demokratie-Lehrstunde teil. Als der stellvertretende Gouverneur David Dewhurst ihr zum dritten Mal einen Verstoß gegen das Filibuster-Reglement vorhielt und Davis kurz vor zwölf barsch das Wort entzog, geriet das Publikum auf den Besucherrängen in Aufruhr.
Fernsehsender berichteten von tumultartigen Szenen. Dewhurst rief den „unbändigen Mob“ zur Ordnung. Vergeblich. Mit Sprechchören zögerten Befürworter einer liberalen Abtreibungspolitik die Abstimmung hinaus. Das republikanisch dominierte Kammer schritt dennoch zur Wahl - und brachte die umstrittene Gesetzgebung erwartungsgemäß durch. Später musste Dewhurst zerknirscht zugeben, dass die Wahl zu spät erfolgte - Ergebnis Makulatur.
Schwangerschaftsabbrüche nach der 20. Woche sind damit bis auf weiteres in Texas erlaubt. Statt fünf wird es weiterhin 42 Abtreibungskliniken geben. Für die Befürworter von Schwangerschaftsabbrüchen unter strengen Auflagen ist Wendy Davis eine „Heldin“, schreibt die Zeitung „Dallas Morning News“.
Gegner sehen in der blonden Frau dagegen eine „Verräterin an der menschlichen Rasse“. Die Republikaner wollen demnächst erneut eine Abstimmung erzwingen. Abwarten, ob das Stehvermögen von Wendy Davis auch dann reicht.