Moskau/Washington. Seine Enthüllungen haben die Großmächte gegeneinander aufgebracht, Snowden hat die Aktion von langer Hand geplant. Aber wo versteckt sich der Mann, der drei Großmächte gegeneinander aufbringt? Russlands Präsident Putin behauptet, Snowden sei noch immer in Moskau.
Computerspezialist Edward Snowden ist weiter auf der Flucht - und Moskau reagiert auf US-Vorwürfe gereizt. Drohungen an die Adresse Russlands seien "absolut unbegründet und unannehmbar", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Dienstag. Moskau sei nicht Snowdens Fluchthelfer, und der 30-Jährige habe die russische Staatsgrenze offiziell nie überschritten.
Präsident Wladimir Putin hat zugegeben, dass sich Snowden weiter im Transitbereich des Moskauer Flughafens Scheremetjewo aufhält. Es gebe kein Auslieferungsabkommen zwischen Russland und den USA, das auf den Fall zutreffe, fügte Putin am Dienstag hinzu. Die USA hatten von Russland die Auslieferung des 30-Jährigen verlangt, der Spähprogramme des US- und britischen Geheimdienstes enthüllt hatte.
Unterdessen gab der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden neue Details in dem Spionage-Thriller preis. Er habe sich nur in den US-Geheimdienst NSA eingeschlichen, um dessen Schnüffeleien im Internet aufzudecken, sagte Snowden der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post" zufolge. Allein aus diesem Grund habe er den Job als IT-Techniker bei der Beratungsfirma Booz Allen Hamilton angenommen, die im NSA-Auftrag an der Internet-Überwachung beteiligt war.
Der Whistleblower floh von Hongkong nach Moskau
Der sogenannte "Whistleblower", der vor zwei Tagen aus Hongkong angeblich nach Moskau geflohen war, hatte in den vergangenen Wochen umfangreiche Datensammlungen amerikanischer und britischer Dienste öffentlich gemacht. Dies sorgte für Spannungen zwischen den beteiligten Großmächten USA, Russland und China.
In Moskau war wiederholt die Information gestreut worden, Snowden wolle über Kuba nach Ecuador reisen, wo er Asyl beantragt habe. Aber auch am Dienstag sei Snowden nicht an Bord einer Aeroflotmaschine nach Havanna gewesen, zitierte die Staatsagentur RIA Nowosti einen Mitarbeiter des Flughafens Moskau-Scheremetjewo.
USA suchen Snowden wegen Geheimnisverrats
Die russische Expertin für Luftfahrtrecht, Lina Talzewa, warnte Snowden vor dem Flug. "Die USA können laut Chicagoer Konvention von 1944 ein Zivilflugzeug zur Landung auffordern, sollte ein Verdacht auf Rechtswidrigkeiten bestehen", sagte Talzewa. Als Beispiel führte sie den Fall einer syrischen Passagiermaschine an, die 2012 von türkischen Jets zur Landung in der Türkei gezwungen worden war.
Die USA suchen Snowden wegen Geheimnisverrats. Seine spektakuläre Flucht sorgt für erheblichen politischen Wirbel: US-Außenminister John Kerry warnte China und Russland vor "Konsequenzen". Das Weiße Haus forderte Moskau zur Auslieferung des 30-Jährigen auf. Dafür sieht Russland allerdings keinen Grund.
Snowden plant wohl weitere Enthüllungen
US-Regierungssprecher Jay Carney kritisierte Peking scharf und sprach von einem "schweren Rückschlag" für die Beziehungen. Präsident Barack Obama sagte, die USA versuchten im Gespräch mit den betroffenen Ländern "sicherzustellen, dass das Recht zum Zuge kommt".
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In dem Interview sagte Snowden, seine Arbeit bei Booz Allen Hamilton habe ihm Zugang zu Listen mit gehackten Computern in der ganzen Welt verschafft. "Deswegen habe ich die Position vor rund drei Monaten angenommen." Auf Nachfrage, ob er den Job speziell angenommen habe, um Material für eine Veröffentlichung zu sammeln, antwortete Snowden: "Korrekt." In seiner Arbeit als Computer-Administrator habe er große Mengen an geheimen Informationen zusammengetragen.
US-Experten analysieren NSA-Computersystem
Nach Angaben der "South China Morning Post", die nach und nach Teile ihres Interviews vom 12. Juni veröffentlicht, plant der 30-Jährige weitere Enthüllungen über Schnüffeleien der USA. Vorher wolle er das Material aber noch weiter sichten.
In den USA wächst offenbar die Sorge vor weiteren Veröffentlichungen, die die Sicherheit betreffen. Ein Expertenteam analysiere deshalb das NSA-Computersystem um festzustellen, über welche Kanäle er welche Informationen heruntergeladen habe, berichtete die "New York Times". (dpa)