Brüssel. Die Finanzplanung der Europäischen Union bis 2020 ist noch keineswegs beschlossene Sache. Dies sagte der Berichterstatter des Europaparlamentes für die Finanzplanung, Reimer Böge (CDU), und widersprach damit Äußerungen des irischen EU-Ratspräsidenten Gilmore. Zudem erklärte Böge seinen Rücktritt.

Eklat in der EU. Der Streit um die Finanzplanung der Europäischen Union für die Jahre 2014 bis 2020 ist doch noch nicht beendet. Es gebe keine Einigung zwischen den Vertretern des Europaparlaments und der 27 EU-Regierungen, sagte der Berichterstatter des Europaparlaments für die Finanzplanung, Reimer Böge (CDU), am Donnerstag. Außerdem er teilte der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel mit, dass er von seinem seit 2004 ausgeübten Posten zurücktrete.

Böge sagte, er könne dem Parlament keine Zustimmung zu dem empfehlen, was am Mittwochabend vom irischen Außenminister und EU-Ratspräsidenten Eamon Gilmore über den Verlauf der Verhandlungen berichtet worden sei. Gilmore hatte mitgeteilt, die Vertreter der EU-Regierungen und des Europaparlaments hätten sich auf die Finanzplanung mit einer Ausgaben-Obergrenze von 997 Milliarden Euro geeinigt.

Riesenärger um angebliche Finanz-Einigung

Die Äußerungen des irischen Außenministers und EU-Ratspräsidenten Eamon Gilmore über den Verlauf der Verhandlungen seien "eine ziemlich üble Manipulation der Präsidentschaft", so Böge. Zuvor hatte bereits der Co-Berichterstatter des Parlaments, der bulgarische Sozialist Ivailo Kalfin, über den Nachrichtendienst Twitter wissen lassen: "Das ist nicht zufriedenstellend." Der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Hannes Swoboda ("Ich lasse mich nicht erpressen") teilte mit: "Es ist klar, dass es derzeit keine Vereinbarung mit dem Europäischen Parlament gibt."

Nach Ansicht Böges hat Gilmore in den Verhandlungen mit dem Parlament zwar Bewegung gezeigt, doch seien die Fortschritte zu klein. Vor allem hinsichtlich der Flexibilität in den Jahreshaushalten - einem Kernpunkt der Parlamentsforderungen - habe es keinen Durchbruch gegeben. Das Parlament wollte nicht genutztes Geld zwischen Haushaltspositionen verschieben dürfen. Die Regierungen waren laut Gilmore vor allem bereit, Flexibilität zwischen den verschiedenen Haushaltsjahren zu erlauben. Auch hinsichtlich der vom Parlament gewünschten Verhandlungen über ein neues System der EU-Einnahmen habe es zu wenig Verbindliches gegeben.

Eine Billion Euro in der Schwebe

"Es ist wichtig, dass wir diese Einigung erreicht haben", hatte Gilmore nach den Beratungen gesagt. "Ich denke, dies ist ein guter Tag für Europa." Der Chefunterhändler des Parlaments, der französische Konservative Alain Lamassoure, habe seine Unterstützung für die Vorschläge der Ratspräsidentschaft signalisiert. Gilmore zeigte sich überzeugt, dass es im Parlament eine Mehrheit für den mühsam ausgehandelten Kompromiss geben werde: "Es handelt sich um ein ausgewogenes Gesamtpaket."

"Wir haben uns nicht auf einen Text verständigt", sagte dagegen Böge. "Wir haben lediglich festgestellt, dass wir die Verhandlungen nicht weiterführen können. Es hat keine signifikanten Fortschritte gegeben." Böge sagte, das Verhandlungsteam empfehle dem Parlament nicht die Annahme der irischen Vorschläge. Es treffe aber zu, dass Chefunterhändler Lamassoure das Ergebnis im Parlament verteidigen wolle.

Das Schicksal der EU-Finanzplanung mit einem Volumen von rund einer Billion Euro hängt nach wie vor in der Schwebe. Die irische Ratspräsidentschaft will ihren Vorschlag am Dienstag von den EU-Regierungen absegnen lassen. Als fraglich gilt, ob es bei einer Abstimmung im Europaparlament Anfang Juli eine Mehrheit für diesen Vorschlag geben könnte. "Ich möchte mich hier nicht in die Pflicht nehmen lassen, will aber einer Abstimmung nicht im Wege stehen", sagte Böge. "Deshalb trete ich als Berichterstatter des Parlaments zurück."