Berlin/Washington. . Die Zusammenarbeit mit amerikanischen Geheimdiensten gehört offenbar für tausende US-Unternehmen zum Alltag - zum Beispiel helfen sie beim Aufspüren von Datenlecks in der Software oder geben Kundeninformationen weiter. Die Regierung sagt EU Aufklärung zu - bleibt aber vage.

Der Skandal um massive weltweite Überwachung durch US-Geheimdienste weitet sich aus. Laut neuen Enthüllungen sollen tausende amerikanische Unternehmen die Behörden mit internen Informationen unterstützen. Dabei gehe es nicht um Nutzer-Daten, aber die Hilfe erleichtere Spionage-Aktionen, schrieb der Finanzdienstleister Bloomberg.

Die US-Geheimdienste bekämen zum Beispiel Informationen über noch öffentlich unbekannte Software-Schwachstellen, schrieb Bloomberg. Mit solchem Wissen könnten die Spionage-Agenturen zum Beispiel fremde Computer leichter ausspähen. An den Kooperationen beteiligten sich verschiedenste US-Unternehmen wie Hersteller von Software und Geräten, Banken, Anbieter von Satelliten-Kommunikation und Spezialisten für Internet-Sicherheit, schrieb Bloomberg. Konkret wurden der Windows-Riese Microsoft und der zum Intel gehörende Sicherheitssoftware-Spezialist McAfee genannt.

Kontakt zum Geheimdienst läuft über die Chefebene

Die Zusammenarbeit der Unternehmen mit den US-Geheimdiensten bleibe im rechtlichen Rahmen, betonten die Bloomberg-Quellen. Einige amerikanische Telekommunikationsfirmen hätten Geheimdiensten Zugang zu Standorten und Daten außerhalb der USA gewährt - was im Heimatland die Zustimmung eines Richters erfordert hätte.

Die Kontakte seien nur wenigen Personen bei den Firmen bekannt und würden oft direkt über die Chefetage eingefädelt. Die Regierung überschütte kooperierende Unternehmen dafür mit Aufmerksamkeit und versorge sie im Gegenzug auch mit Informationen. Zugleich arbeiteten einige Manager aus patriotischer Überzeugung mit den Behörden.

Amerikaner sagen mehr Transparenz zu - bleiben aber vage

Die USA sagten der EU unterdessen detaillierte Informationen zu. Beide Seiten hätten vereinbart, eine transatlantische Expertengruppe einzusetzen, um mehr über das mutmaßliche Spionage-Programm "PRISM" zu erfahren, erklärte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström nach einem Treffen mit US-Justizminister Eric Holder in Dublin. Dabei werde es auch um die Frage des Datenschutzes gehen. Die EU verlangt von den USA, Grundrechte europäischer Bürger zu sichern.

Ein Berliner Treffen der Bundesregierung mit amerikanischen Internet-Unternehmen brachte "mehr offene Fragen als Antworten", wie der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Otto (FDP) sagte. In der Frage, ob sie Daten über technische Schnittstellen an US-Dienste leiten, seien die Unternehmen vage geblieben, hieß es aus Teilnehmerkreisen. Die deutschen Vertreter hätten wenig über US-Spionageprogramme gewusst - und ihrerseits die deutschen Regierung gebeten, beim Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama auf mehr Transparenz zu dringen. Man könne "hier in Deutschland dazu betragen, dass wir eine breite Öffentlichkeit haben, was den Umgang mit Daten betrifft", sagte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

China heißt Snowdon willkommen

Unterdessen trat China erstmals in der Kontroverse um den amerikanischen Informanten Edward Snowden aus der Deckung. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua hieß Snowden in einem Kommentar in China willkommen. In dem Text wurde Snowden in eine Linie mit dem Wikileaks-Informanten Bradley Manning und Wikileaks-Gründer Julian Assange gebracht: "Diese Leute sind zu brillant, um eingesperrt zu werden."

Für Snowden könnte dies eine brisante Sympathie-Erklärung werden. Da er sich mit geheimen NSA-Dokumenten nach Hongkong abgesetzt hatte, müssten letztlich die chinesischen Behörden über einen möglichen Auslieferungsantrag der USA entscheiden. US-Ermittler prüften bereits, ob Snowden mit chinesischen Geheimdiensten zusammengearbeitet habe - noch hätten sie aber keine Anhaltspunkte dafür, schrieb die Finanznachrichtenagentur Bloomberg. Nach den Enthüllungen Snowdens hatte sich China zunächst zurückgehalten.

China wird von den USA als Hacker-Hochburg gebrandmarkt und immer wieder von Menschenrechtsgruppen für den Umgang mit Dissidenten kritisiert. Snowdens Enthüllungen wurden unmittelbar vor einem Gipfeltreffen veröffentlicht, bei dem US-Präsident Barack Obama die chinesische Führung zur Rede stellen wollte. Die Enthüllung der Spionageprogramme zeige einmal mehr die arrogante Seite der USA, schrieb Xinhua am Freitag.

Der Ex-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte vergangene Woche von einer weitreichenden Überwachung des Internet vor allem durch den Abhör-Dienst NSA berichtet. Die Enthüllungen hatten einen politischen Sturm und internationale Forderungen nach Aufklärung ausgelöst. (dpa)