Brüssel. . Die EU verabschiedet sich nach hitzigen Diskussionen vom Embargo für Syrien. Damit kann die syrische Opposition künftig Kriegsgerät aus Europa erhalten. Grünen-Europapolitikerin Harms kritisiert, dass jetzt Frankreich, Großbritannien und Russland die gegnerische Seiten des Bürgerkriegs aufrüsten können.

Das gemeinsame EU-Waffenembargo für Syrien ist Geschichte. In Zukunft können die Mitgliedstaaten allein entscheiden, ob sie den Gegnern des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad Rüstungsgüter „zum Schutz von Zivilisten“ liefern wollen. Bevor es tatsächlich dazu kommt, wollen die 27 Regierungen noch einmal überprüfen, ob die diplomatischen Bemühungen um eine Beendigung des Bürgerkriegs Fortschritte machen. Auch Großbritannien und Frankreich, die auf Lockerung des bisherigen Embargos gedrängt hatten, wollen das abwarten.

Der Beschluss ist das Ergebnis 14-stündiger zum Teil hitziger Verhandlungen der EU-Außenminister. Dabei stand den Briten und Franzosen eine Gruppe um Österreich gegenüber, die am liebsten das weitgehende Verbot von Rüstungsexporten nach Syrien unverändert gelassen hätte. Beiden Lagern ging es vor allem um die Frage, wie man die Erfolgschancen einer Friedenskonferenz verbessert, die derzeit von den USA und Russland unter dem Titel „Genf II“ vorbereitet wird.

Die Briten erhöhen den Druck

Aus der Sicht von Briten und Franzosen ist Assad am ehesten zur Teilnahme an der Konferenz zu bewegen, wenn er sich nicht sicher sein kann, dass die derzeitige militärische Überlegenheit seiner Truppen anhält. Wien argumentiert umgekehrt: Wenn man die militärische Schlagkraft der Rebellen stärke, laufe man Gefahr, dass sie das Interesse an einer Einigung am Verhandlungstisch verlören.

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So blockierte Österreichs Außenminister Michael Spindelegger eine Kompromisslösung, bei der die EU bestimmte Waffenlieferungen unter genau definierten Voraussetzungen erlaubt hätte. Entnervt von der harten Haltung der Briten verkündete Spindelegger zwischenzeitlich das Scheitern der Beratungen.

Die Partner vor dem Zerwürfnis

Das wurde schließlich knapp vermieden. „Es stand Spitz auf Knopf“, berichtete Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP), der sich bemüht hatte, ein komplettes Zerwürfnis der 27 Regierungen zu verhindern. Sie halten jetzt immerhin am ganz überwiegenden Teil der Sanktionen gegen Syrien fest, also an den Handelsbeschränkungen, Reise- und Kontosperren, die für ein weiteres Jahr in Kraft bleiben. „Wir liefen Gefahr, am Ende überhaupt keine Sanktionen mehr zu haben“, meinte Westerwelles niederländischer Kollege Frans Timmermans. „Jetzt sieht es so schlecht nicht aus: Mindestens 90 Prozent der Sanktionen bleiben.“

Nur in Sachen Rüstung gibt es die geschlossene EU-Position nicht mehr – jedes Land kann nach eigenem Gutdünken verfahren.

Es brodelt im UN-Sicherheitsrat

Nach Darstellung von Außenminister William Hague hat Großbritannien keine Absicht, die Nationale Koalition gegen Assad unmittelbar mit militärischem Gerät zu versorgen. Man könne aber „reagieren, wenn sich die Lage verschlechtert“. Die Nationale Koalition, das Widerstandsbündnis gegen Assad, begrüßte den Beschluss der EU. Er komme aber womöglich zu spät, sagte ein Sprecher. Die russische Regierung sprach von „einem Fehler“ der EU.

Auf deutscher Seite gab es Kritik am schlechten Bild, das die Außenminister mit ihrem Marathon-Gerangel abgegeben hätten. Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) bedauerte in Brüssel, dass keine gemeinsame Linie erreicht worden sei. Die Fraktionschefin der Grünen im Europa-Parlament, Rebecca Harms, warnte, nun drohe ein Stellvertreterkrieg in Syrien: „Der UN-Sicherheitsrat wird zu einem Sicherheitsrisiko, wenn demnächst drei der fünf ständigen Mitglieder, nämlich Russland, Frankreich und Großbritannien, die verschiedenen Seiten in Syrien mit Waffen versorgen.

Israel hat Russland am Dienstag vor der Lieferung hochmoderner Luftabwehrraketen des Typs S 300 an Syrien gewarnt. Die Regierung wisse, „was zu tun ist“, wenn Moskau Syriens Machthaber mit den Raketen ausrüste, sagte Verteidigungsminister Mosche Jaalon.