Paris. Es ist die Reaktion auf den jüngsten Schwarzgeld-Skandal, der das Nachbarland tief erschüttert hat: Doch das jetzt alle Minister ihre finanzielle Situation komplett transparent gemacht und ins Netz gestellt hat, behagt nicht jedem. Immerhin: Nun weiß man, wieviele Millionäre in der linken Regierung sitzen.
Das hat es in der Geschichte der Fünften Republik noch nicht gegeben. Zum ersten Mal haben alle 38 französischen Minister und Regierungsmitglieder ihr Vermögen offen gelegt. Per Mausklick erfahren die Franzosen neuerdings, wie viele Häuser und Lebensversicherungen, Automobile und Fahrräder ihre Regierenden besitzen und wie viel Geld auf ihren Bankkonten ruht.
Die Absicht des Präsidenten ist offenkundig: Mit der ungewöhnlichen Transparenz-Initiative will François Hollande nach dem jüngsten Schwarzgeld-Skandal das Vertrauen seiner Landsleute zurückgewinnen. Ex-Haushaltsminister Jérôme Cahuzac hatte das Parlament, den Premier und den Präsidenten monatelang dreist angelogen, indem er die Existenz eines Schweizer Kontos mit 600.000 Euro hartnäckig ins Reich der Fabel verwiesen hatte.
Spitzenreiter: Außenminister Lautent Fabius mit sechs Millionen Euro
Die" Kulturrevolution" begann um kurz nach 18 Uhr. Mit gut einer Stunde Verspätung veröffentlichte die Regierung am Montag auf ihrer Internetseite "gouvernement.fr" die Vermögensverhältnisse sämtlicher Regierungsmitglieder. Der Erkenntnisgewinn ist in den meisten Fällen banal.
Die Franzosen wissen nun, dass auch linke Minister und Ministerinnen durchaus vermögend, mitunter sogar sehr vermögend sein können. Im Ranking der Betuchten liegt Außenminister und Ex-Premier Laurent Fabius wie erwartet an der Spitze. Sein Vermögen aus Häusern, Appartements, Lebensversicherungen addiert sich auf gut 6 Millionen Euro. Bei Premierminister Jean-Marc Ayrault sind's unterm Strich 1,5 Millionen.
Bereits vorab hatte Gesundheitsministerin Marisol Touraine ihr Vermögen von 1,4 Mio Euro offen gelegt. Dafür muss sie die so genannte "Solidaritätssteuer auf das Vermögen" entrichten, eine Abgabe, die Francois Mitterrand für Wohlhabende eingeführt hat. "Ich habe nichts zu verbergen", sagte sie im Zeitungsinterview und fügte hinzu: "Mein Kampf für soziale Gerechtigkeit hat nichts mit meinem Vermögen zu tun."
Twingo, R4 - und Fahrräder
Platz zwei der "Reichenliste" darf die Seniorenbeauftragte im Gesundheitsministerium Michèle Delaunay beanspruchen. Die Krebsspezialistin und frühere Klinikchefin besitzt dank ihrer Immobilien 5,4 Mio Euro. Gegenüber der Zeitung "Sud-Ouest" betonte sie selbstbewusst: "Ich bin keine Luxus-Frau". Und fügte hinzu: "Ich verdiene jetzt genauso viel wie zuletzt in der Klinik, durch die Politik ist nicht ein einziger Euro dazugekommen."
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Etliche Minister hatten schon in den vergangenen Tagen ihre Karten aufgedeckt. Marie-Arlette Carlotti (Grüne), Ministerin für Menschen mit Behinderung, besitzt Immobilien im Wert von 565.000 Euro. Ihr junger Kollege Pascal Canfin (38) hat im letzten Sommer ein Pariser Appartment (540.000 Euro) gekauft und 25.200 Euro auf dem Konto.
Auffällig: Die meisten Minister besitzen alte und in der Anschaffung keineswegs teure Fahrzeuge. Die grüne Spitzenfrau und Städtebauministerin Cécile Duflot nennt neben einem Häuschen in der Provinz einen zehn Jahre alten Twingo sowie einen "R4" im Wert von je 1500 Euro ihr Eigen. Justizministerin Christine Taubira erwähnt gar drei Drahtesel, den ältesten von 1996.
"Was hier geschieht, ist nicht Transparenz sondern Voyeurismus"
Mit einer Mischung aus Unbehagen und offener Ablehnung verfolgt die konservative Opposition, wie die Minister der Links-Regierung die Hosen fallen lassen. "Was hier geschieht, ist nicht Transparenz sondern Voyeurismus", ätzte Jean-Francois Copé, Chef der konservativen UMP.
Wer gestern auf Zahlen aus dem Elysée-Palast hoffte, wartete vergebens. Präsident François Hollande hatte sein Vermögen von 1,17 Millionen Euro bereits im Wahlkampf vor einem Jahr offen gelegt.