Berlin. . Das jahrzehntelange Gerangel um ein Atommüllendlager-Gesetz dürfte bald ein Ende haben. Bund und Länder haben sich auf einen Ablauf geeinigt. Das neue Gesetz soll im Juli verabschiedet werden. Die Suche nach einem Endlager dürfte dann erst richtig beginnen.

Nach mehr als 30 Jahren Streit ist der Weg für eine nationale Suche nach einem Atommüllendlager frei. Gestern haben sich der Bund und die Länder zum Endlagersuchgesetz verständigt. Bis zum 5. Juli soll es verabschiedet werden.

Warum war ein Neustart nötig?

Die Entscheidung für Gorleben als Endlager war hoch umstritten. Der Bund suchte in den 70er Jahren nach einem Platz für ein nationales Entsorgungszentrum. Der Salzstock im Wendland schien nach einem oberflächlichen Auswahlverfahren nahe an der damaligen Grenze ideal. Die Gegner halten Gorleben für geologisch ungeeignet und politisch verbrannt. 2011 ebnete Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den Weg für eine nationale Erkundung, indem er sich bereit erklärte, auch in Baden-Württemberg suchen zu lassen.

Was sieht der Gesetzentwurf vor?

Er regelt die Suche. Dazu soll eine Enquetekommission noch vor der Wahl die Arbeit aufnehmen. Dem 24-köpfigen Gremium sollen Abgeordnete, Vertreter der Wirtschaft, Kirchen, Wissenschaft und Umweltverbände angehören. Als Vorsitzender ist der frühere Umweltminister Klaus Töpfer (CDU) im Gespräch.

Die Kommission soll öffentlich tagen und bis Ende 2015 Kriterien erarbeiten, wo und wie nach einem Endlager gesucht wird. Die Anregungen können später in das Gesetz einfließen, wenn der Bundestag zustimmt. Erst danach beginnt die eigentliche Suche, die von einer neuen Regulierungsbehörde überwacht werden soll.

Was passiert mit Gorleben?

Die Suche startet auf einer „weißen Landkarte“. Demnach ist überall ein Endlager möglich, wenn die Kriterien passen. Daher bleibt Gorleben im Topf, auch wenn sich die Kritiker und das Land Niedersachsen lange dagegen gewehrt haben.

Welche Formationen kommen als Endlager infrage?

Theoretisch eignen sich Salz, Granit und Ton. Bei der Suche dürfte Niedersachsen ein Schwerpunkt bleiben. Dort gibt es Salzstöcke und Tonsteinformationen. Letztere befinden sich auch in geringem Umfang im Norden von NRW, in Baden-Württemberg bei Ulm, in Brandenburg und in Mecklenburg-Vorpommern. In Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt liegen potenziell geeignete Granitformationen, darunter im Erzgebirge, dem Oberpfälzer Wald und der Lausitz.

Welche Standorte werden geprüft?

Der Gesetzentwurf gibt keine Zahl an. Für die Kostenabschätzung kalkuliert er mit dem oberirdischen Test von fünf und der untertägigen Prüfung von zwei Standorten. Dies dürfte unter dem Strich zwei Milliarden Euro kosten.

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Von Daniel Freudenreich

Nach aktueller Gesetzeslage müssen dies die AKW-Betreiber bezahlen, die bereits 1,6 Milliarden Euro für die Erkundung von Gorleben ausgegeben haben. Wie viele Standorte am Ende getestet werden, dazu soll die Enquetekommission Vorschläge machen.

Wie viel Atommüll gibt es?

Bis Ende 2011 sind laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) etwa 14 460 Tonnen Schwermetall – ausgediente Brennelemente – angefallen. 6672 Tonnen davon wurden in die Aufbereitungsanlagen in Sellafield und La Hague abgegeben. Zudem rechnet das BfS mit 2760 Tonnen Brennelementen bis zum letzten AKW-Aus. Unterm Strich müsste das Endlager mindestens 28 100 Kubikmeter Atomschrott fassen können. Zum Vergleich: Ein Güterwaggon der Bahn hat ein Volumen von 40 Kubikmetern.

Wann kommt das Endlager?

Bis 2031 soll das Suchverfahren abgeschlossen sein. Bis etwa 2040 sollte ein Endlager zur Verfügung stehen, da die Zwischenlager an den AKW nur eine Genehmigung für 40 Jahre haben. Andersfalls könnte wieder der Druck zunehmen, den Müll ins Ausland abzuschieben. Die Zwischenlager befinden sich direkt an den Atomkraftwerken sowie in Gorleben und Ahaus.

Was passiert mit dem Atommüll von Sellafield und La Hague?

Die 26 Behälter kommen nicht wie vorgesehen ins Zwischenlager Gorleben. Das war eine Bedingung von Niedersachsen für den Konsens. Denkbar wären die Lager Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und Philippsburg in Baden-Württemberg. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes soll entschieden werden.