Essen. Der jüngste Angriff auf die S-Bahn in Unna war kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr wurden Flugzeuge 342 Mal getroffen. Die Behörden sind alarmiert. Der ADAC fordert nun eine strengere Bestrafung der Täter. Piloten wollen, dass Laserpointern der Status einer Waffe gegeben wird.

Der Laserpointer-Angriff auf einen S-Bahn-Zug in Unna am Ostermontag ist kein Einzelfall. Die meist unbekannt bleibenden Täter blenden immer öfter Piloten, Lokführer und selbst Autofahrer mit weit reichenden Laserstrahlen. In vielen Fällen kommt es nicht nur zu gefährlichen Verkehrssituationen, sondern auch zu einer Schädigung der Augen der Opfer.

Das Luftfahrtbundesamt hat auf WAZ-Anfrage bestätigt, dass im vorigen Jahr 342 Laser-Angriffe auf deutsche Flugzeuge und Hubschrauber registriert wurden – 50 davon alleine an den NRW-Flughäfen Köln und Düsseldorf. Das ist die höchste Zahl seit dem ersten Auftreten der Blend-Attacken mit Laserpointern vor etwa fünf Jahren. 2009 gab es erst 36 Vorkommnisse. Seit Januar wurden schon weitere 30 Angriffe gemeldet. Im letzten Jahr mussten sich Besatzungsmitglieder in sechs Fällen in ärztliche Behandlung begeben.

Attacke auf Jet der Kanzlerin

Sicherheitsbehörden sind beunruhigt. Das Düsseldorfer Landeskriminalamt (LKA) hat in den letzten beiden Jahren je über 150 Angriffe auf Verkehrsmittel festgestellt, meist auf Luftfahrzeuge, aber auch auf einen Bus. „Wir haben es mit schwerwiegenden Fällen zu tun“, sagte LKA-Sprecherin Michaela Heier, „wir setzen alles daran, die Täter zu stellen“.

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Der Laserpointer-Anschlag auf die S-Bahn in Unna, bei dem der Lokführer verletzt wurde, war der bisher schwerste Eingriff dieser Art in den Bahnverkehr in NRW, bestätigt die Bundespolizei. Ähnliche Attacken auf Züge hat es in der Vergangenheit in Recklinghausen und davor schon einmal in Unna gegeben.

In dramatischem Umfang ist der Luftverkehr betroffen. Die Täter schrecken nicht davor zurück, mit den starken Laserpointern, die oft per Internet aus Asien bestellt werden, sogar auf Rettungshubschrauber zu zielen. Bundesweit seien seit 2010 ADAC-Helikopter rund zwanzig Mal getroffen worden, so Jürgen Grieving von der Luftrettung des Automobilclubs. Niedersachsen und Westfalen seien die regionalen Schwerpunkte. Rettungseinsätze mussten hier schon abgebrochen werden, sagte Grieving.

Erst Anfang März war ein Hubschrauber der Polizei bei der nächtlichen Fahndung nach einem Autofahrer über dem Dortmunder Süden geblendet worden. Der Täter, ein 51-jähriger Anwohner, konnte gefasst werden. Dagegen fehlt – wie in den meisten anderen Fällen – von dem Blender der S-Bahn noch jede Spur. 2011 geriet am Kölner Flughafen ein Airbus A 319 der Bundesluftwaffe in die Schussrichtung eines Laserstrahls. Es war der Jet der Kanzlerin.

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Reichweite bis zu 5000 Meter

60 000 Laserpointer werden jährlich weltweit hergestellt. Jürgen Grieving von der ADAC-Flugrettung, der die Meldungen seiner betroffenen Besatzungen auf den Tisch bekommt, hat sich selbst einen in China bestellt und in sicherer Umgebung ausprobiert. „Der trifft noch in vielen hundert Meter“, sagt er. Denn während die in Deutschland produzierten elektronischen Zeigestöcke für Präsentationen allenfalls zwei Dutzend Meter weit reichen, sind die wesentlich stärkeren, die im Internet zu haben sind, nicht nur über Distanzen bis zu 5000 Meter einsatzfähig. Sie sind, besonders nachts, auch verkehrs- und gesundheitsgefährdend.

Geräte mit weit über ein Milliwatt Leistung, die aus Sicherheitsgründen im Inland gar nicht hergestellt werden dürfen, können schon bei einer direkten Bestrahlung von einer Viertelsekunde ein Auge schädigen. Die Universität Düsseldorf hält ihre Blendwirkung in einer Expertise für „stärker als die Sonne“.

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So mussten sich sechs geblendete Flugzeugbesatzungen 2012 nach Auskunft des Luftfahrtbundesamtes in ärztliche Behandlung begeben. Nicht zu reden von Irritationen, die die Strahlen bei Airline-Crews im Endanflug auslösen und die nach wissenschaftlichen Analysen auch zum Absturz führen können. Doch wenn, selten genug, Täter gefasst werden, fallen die Strafen nicht immer auffällig streng aus. Manchmal kommen sie mit Geldstrafen davon. ADAC-Mann Grieving fordert „härtere Bestrafung“. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit sieht längst Anlass, Laserpointern den Status einer Waffe zu geben – und ihren freien Verkauf zu verbieten.